EU - Die Briten und Europa - Doku vom 21.06.2016 | 44 Min. | Rundfunk Berlin-Brandenburg - Unterrichtsstunden vom 01.07.2016,  07.07.2016 und 08.07.2016 (Sozi g


Vergleiche hierzu auch die Unterrichtsstunden zum Thema "Die EU" unter:: https://sozialkunde.jimdo.com/themen/eu/

Unterrichtmaterial Sk 12902 Der Brexit

PDF: https://drive.google.com/open?id=1zMG0VZVp5qGrR64IoDtnvNf5aKL7DxFW


-Die Briten und Europa

Am 23. Juni 2016 werden die Briten in einem Referendum darüber entscheiden, ob sie weiter zur EU gehören wollen oder nicht - der vorläufige Höhepunkt einer langen Hassliebe zwischen Großbritannien und Europa. In den Wettbüros zwischen Brighton und Glasgow werden inzwischen hohe Summen auf den Ausgang des Referendums gesetzt. Dabei ist es bereits das zweite Referendum zu diesem Thema.


vgl. hierzu auch: 

Zeitleiste: Großbritannien und Europa

https://www.bpb.de/internationales/europa/brexit/229985/zeitleiste


Mitschriften von Jana Schmitt am 01.07.2016, 07.07.2016 und 08.07.2016

Für die Briten sind die weißen Klippen von Dover das sichere Zeichen wieder zu Hause zu sein. Wer hier an Land geht betritt eine andere Welt. Mal zeigten die Briten Europa die kalte Schulter, mal (vor allem in den 1960ern) wollten sie unbedingt dazugehören und jetzt wollen sie sich aus der EU verabschieden. Warum nur sind sie so anders? 

 

1. Immer wieder kommt die Frage auf: „Gehören die Briten zu Europa?“

1.1. Die Antwort darauf ist zwiespältig und scheint zunächst eine Frage der Perspektive zu sein:

Aus europäischer Sicht wird die Frage oft eindeutig mit „Ja“ beantwortet, während die Britten selbst häufig ihre Sonderrolle und Unabhängigkeit betonen!   

 

1.2. Geografisch ist Britannien einerseits selbstverständlich ein europäisches Land – wo soll es denn sonst liegen - in Asien oder Afrika? Es ist also Teil des Kontinents, aber es ist eine Insel und somit nicht Teil des Kontinents! Es bleibt also immer etwas Trennendes: „Der Ärmelkanal ist der Ärmelkanal, das bleibt, egal wie viele Tunnel darunter gegraben werden.“

 

1.3. Historisch gesehen wurde Europa von der Briten nicht selten als Bedrohung der Freiheit gesehen. Das geht schon zurück auf die Eroberung der Insel durch die Römer unter Caesar  Im Zweiten Weltkrieg kam nichts Gutes vom Kontinent über den Ärmelkanal: Während der „Luftschlacht um England“ im Jahr 1940 kamen 42.000 Britten durch deutsche Luftangriffe ums Leben.

 

Andererseits war und ist Großbritannien seit der normannischen Eroberung Englands im Jahr 1066 durch Wilhelm II stark mit dem kontinentalen Europa verbunden; die Eroberung hat die englische Sprache und Kultur grundlegend verändert. Eine der offensichtlichsten Änderungen dieser letzten erfolgreiche Invasion der Insel.war die Einführung einer lateinisch basierten anglonormannischen Sprache als Sprache der herrschenden Klasse in England.

 

 

2. Der Beginn der europäischen Einigung nach dem Zweiten Weltkrieg – die Briten stehen Abseits

1945 lag der europäische Kontinent in Trümmern und es war kaum vorstellbar, das aus Feinden jemals wieder Freunde werden können. Die Briten waren eine stolze Nation geblieben, anders als die großen europäischen Nachbarn: Da war zum einen das „kriegsschuldbeladene“ Deutschland, aber auch in Frankreich hat es – wie in vielen anderen europäischen Staaten auch - neben der Résistance (dem Widerstand gegen die nationalsozialistische Besatzung im Zweiten Weltkrieg) auch die Kollaboration (also die freiwillige Zusammenarbeit und das gemeinsame Handeln mit der deutschen Besatzungsmacht) gegeben.

So wich England von den anderen europäischen Nationen dadurch ab, dass es sich noch „wohlfühlte in seiner nationalen Haut“, während man sich auf dem Kontinent in seiner nationalen haut nicht mehr wohlfühlte und daher anfing, über den Zusammenschluss Europas nachzudenken.

 

Der ehemalige britische Premierminister Winston Churchill bekannte sich nach dem Zweiten Weltkrieg öffentlich zu einer Idee eines vereinten Europas – ausgerechnet ein Engländer!   

Im Jahre 1946 hielt Winston Churchill an der Universität von Zürich seine berühmte „Rede vor der akademischen Jugend“, in der er Konsequenzen aus der europäischen Geschichte mit folgenden Worten zog: „Wir müssen eine Art Vereinigter Staaten von Europa errichten.“[7] forderte er,

1948 sprach er in Den Haag zu den europäischen Völkern. Churchills Kernidee für Europa war dabei vor allem eine Versöhnung zwischen Deutschland und Frankreich.

Wenn es eine Chance gibt, das zerstörte Europa wieder auf die Beine zu bringen, war das im ureigensten britischen Interesse: Bloß nicht noch einmal einen Dritten Weltkrieg! .

 

Allerdings drückte Churchill nicht eindeutig darüber aus, was die britische Zugehörigkeit zu dem von ihm angedachten „Vereinigten Staaten von Europa“ betraf. Manchmal schien es so, als ob es vor allem und Frankreich, Deutschland, die Benelux-Staaten und Italien ginge, manchmal schien es so, als on Großbritannien dazu gehören sollte. 

 

Aus der Idee der europäischen Union Wirklichkeit wird, hält Großbritannien sich vornehm zurück.

 

Deutschland und Frankreich regten die Montanunion an, sechs europäische Länder (Deutschland, Frankreich, Italien und die Benelux-Staaten) arbeiteten bei der 1951 gegründeten Montanunion (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) mit.

 

 

Im März 1957 unterzeichnen die Staatschefs der Bundesrepublik Deutschland, Frankreichs, Deutschlands, Italiens, Belgiens, Luxemburgs und der Niederlande die Römischen Verträge und gründen damit die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) - Großbritannien ist zunächst nicht dabei.


Exkurs: Europäische Gemeinschaft, Europäische Gemeinschaften, Europäische Union

 

Die heutige EU ist „Rechtsnachfolgerin“ der 1957 mit den Römischen Verträgen gegründeten Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). 

Die EWG war neben der ebenfalls 1957 gegründeten Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) und der bereits 1952 ins Leben gerufenen Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS oder Montanunion),eine der drei (durch gemeinsame Organe miteinander verbundenen) „Europäischen Gemeinschaften. 

Umgangssprachlich werden die drei Gemeinschaften auch im Singular als „Europäische Gemeinschaft“ bezeichnet; diese Bezeichnung war vor allem bis in die 1980er-Jahre üblich. 

Mit dem Vertrag von Maastricht wurde 1992 allerdings die EWG, eine der drei Gemeinschaften, selbst in Europäische Gemeinschaft (EG) umbenannt.

 

Im Jahr 2002 lief der EGKS-Vertrag aus, sodass die EGKS aufgelöst wurde.

 

Mit dem 2007 beschlossenen und am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon wurde die Europäische Gemeinschaft mit der Europäischen Union verschmolzen.

 

Von den drei Gemeinschaften blieb damit nur die Euratom übrig.


Es war die Geburtsstunde der politischen Einigung Europas und Großbritannien signalisiert höfliches Desinteresse: Großbritannien hatte zur Vorbereitungskonferenz nicht einmal Pressevertreter geschickt. Der Traum von einem geeinten Europa erscheint greifbar nah – und die Briten stehen abseits. 

 

Großbritannien hatte in den 1950er Jahren die Chance, die Führung einer Europäischen Gemeinschaft zu übernehmen, das wollten gerade viele Kontinentaleuropäer. Auch der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer hätte die Britten gerne bei der europäischen Einigung dabei gehabt, er bedauert die englische Zurückhaltung. Er sagte im Herbst 1953: „Ich hätte sehr gerne, das Großbritannien eine Rolle in Europa mitspielt, damit wir mit den mehr oder weniger hysterischen Franzosen nicht alleine sind.“ 

 

3. Warum standen die Briten zunächst Abseits?   

Nach dem II. Weltkrieg wich England von den anderen europäischen Nationen dadurch ab, dass es sich noch „wohlfühlte in seiner nationalen Haut“, während man sich auf dem Kontinent in seiner nationalen Haut nicht mehr wohlfühlte und daher anfing, über den Zusammenschluss Europas nachzudenken.

 

Dahinter steckte aber auch eine gewisse britische Arroganz: Für die ehemalige Weltmacht Großbritannien erschien Europa eigentlich zu klein. Seit dem 17. Jahrhundert hat sich das Vereinigte Königreich quer über den Erdball ausgedehnt und wurde zur größten Kolionalmacht der Geschichte. Noch heute (2016) ist die Queen das Oberhaupt von 16 Staaten, von Kanada bis Neuseeland.Die Briten tendieren dazu, ihr eigenes Land sehr nostalgisch zu betrachten. Es ist so, als ob die Briten ihr Empire noch immer besitzen. Das gehört zu englischen Kolionalmentalität, die sagt. Wir wollen eigentlich etwas beherrschen oder erobern, Einladungen nimmt man nicht an

 

4. Der britische EG-Beitritt scheitert in den 60ern am Veto de Gaulles.
In den 1960er geht von England eine kulturelle Revolution aus; Die Popmusik erobert mit den Beatles vom englischen Liverpool aus die ganze Welt. Kein Europas ist in dieser Zeit so aufregend wie Großbritannien.

 

Wirtschaftlich sah es zu Beginn der 1970er in Großbritannien nicht ganz so gut aus: Während die Wirtschaft in den Staaten der EWG wächst, stagniert die britische Wirtschaft.

Aus wirtschaftlichen Gründen zeigen die Britten plötzlich Interesse einer Mitgliedschaft in der EWG.

Die Britten hatten nie diese emotionale, fast religiöse Bindung an Europa, es war für sie vor allem ein vielversprechender Markt.    

 

Großbritannien fürchtet, den wirtschaftlichen Anschluss zu verlieren und beantragte am 9. August 1961 unter der Regierung des konservativen Premierministers Harold Macmillan die Aufnahme in die Europäischen Gemeinschaften (EG).

 

Der französische Staatspräsident Charles de Gaulle war gegen einen britischen Beitritt in die EG. Er fürchtet um Frankreichs Position in den Gemeinschaften und, dass durch die engen anglo-amerikanischen Beziehungen der Einfluss der USA in Europa wachsen würde.

 

De Gaulle sagte: "Der Vertrag von Rom wurde zwischen sechs kontinentalen Staaten beschlossen, Staaten die, ökonomisch gesprochen, könnte man sagen, dieselbe Natur haben. (...) England ist in der Tat eine Insel, es ist maritim; es ist durch Handel und Verkehr mit unterschiedlichsten, weit entfernten Ländern verbunden, es ist ein Land, das Industrie und Handel betreibt, aber kaum Landwirtschaft.; (...) Es hat in allem, was es tut, sehr eigene Gewohnheiten und Traditionen. Kurz gesagt, die Natur, die Struktur und die Konjunktur, die England eigen sind, unterscheiden sich zutiefst von denen der Länder auf dem Kontinent.", (Charles de Gaulle, 14.1.1963)

Da damals innerhalb der EWG das Prinzip der Einstimmigkeit galt, wurden die Verhandlungen mit Großbritannien wurden aufgrund des französischen Vetos abgebrochen.

Doch es kommt noch schlimmer für die Britten: In Paris unterschreiben der deutsche Bundeskanzler Adenauer und der französische Präsident de Gaulle den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag, nur acht Tage nach de Gaulles Veto gegen einen britischen EWG- Beitritt. Dies war ein doppelter Schlag gegen Großbritannien: Das „Nein“ de Gaulles und der Freundschaftsvertrag zwischen Frankreich und Deutschland.

 

Am 11. Mai 1967 stellt Großbritannien zum zweiten Mal einen Beitrittsantrag an die Europäischen Gemeinschaften (EG). Der französische Präsident Charles de Gaulle lehnt einen Beitritt des Vereinigten Königreiches allerdings weiterhin ab.

 

5. Der britische Beitritt zur EG  

Erst nach dem Rücktritt de Gaulles 1969 war der Weg frei für einen Beitritt Großbritannien in die EWG.  

Die Aufnahme Großbritannien in die EWG wird vorstellbar und ist überall Stadtgespräch Nummer 1. 

Ein Hauptargument gegen den Beitritt ist die Angst vor steigenden Preisen. Bisher konnten die Briten günstig Lebensmittel aus den ehemaligen Kolonien einführen, nach einem Beitritt müssten sie teurere Produkte aus Europa importieren. 

Dabei gilt es aber zu bedenken, dass die europäische Gemeinschaft wird in Großbritannien nicht als politisches Bündnis wahrgenommen wurde, sondern ausschließlich als ein „Gemeinsamer Markt“.

Es ist bezeichnend, dass die Britten damals vom „Common Market“ gesprochen haben, man verstand die EG hauptsächlich als wirtschaftliche Gemeinschaft, die sie ja damals auch war und nicht als politische Union. Die wirtschaftliche Frage „Ist das unser Vorteil oder ist es unser Nachteil?“ bzw. „Wird alles günstiger oder wird alles teurer?“ lag (aus Sicht der Briten) immer der europäischen Frage zugrunde

1970 beginnen offiziell die Beitrittsverhandlungen zwischen Großbritannien und der Europäischen Gemeinschaft. Die Briten möchten zwar dabei sein, fordern aber Sonderrechte.

Doch die Europäer bleiben hart: Beitritt, ja - Ausnahmeregelungen: Nein! Die Verhandlungen ziehen sich über zweieinhalb Jahre hin.

 

Zu Hause auf der Insel liegt die Wirtschaft am Boden, das Land ist durch Dauerstreiks gelähmt. Die Regierung erhofft sich durch den Beitritt einen wirtschaftlichen Aufschwung. Aber viele Britten sehen in einer EG-Mitgliedschaft nach wie vor keine Vorteile.

Das Vereinigte Königreich unterzeichnet im Januar 1972 (zusammen mit Dänemark, Irland und Norwegen, welches am Ende aber doch nicht beitritt)  die Verträge über ihre Mitgliedschaft in den Europäischen Gemeinschaften (EWG, EGKS und Euratom). Mit dem Beitritt der Briten setzt sich Englisch als Amtssprache in der EG durch.

 

Dies ist eine Ursache für die EU-Skepsis der Briten:

Aufgrund ihres verzögerten, erst 1972 vollzogenen Beitritts zur 1957 gegründeten EG fremdelten die Briten von Anfang an:  Sie hatten das Gefühl, diese Europäische Union wurde von anderen Architekten entworfen, von französischen, deutschen, belgischen, niederländischen, luxemburgischen und italienischen. In diesem Sinne ist das „Europäische Haus“ kein britisches Haus.  

 

 Wenn man in der Stunde der Gründung nicht dabei ist, dann fehlt ein wenig dieses wärmende Gefühl: „Wir waren auch ein Gründungsvater!“.

Der Streit um Europa zog sich mitten durch die großen Parteien im britischen Parlament. Und so beschloss  die britische Regierung 1957, nur zwei Jahre nach dem Beitritt, eine Volksabstimmung durchführen zu lassen. Die britische Bevölkerung gab am 5. Juni ebenfalls ein klares Votum ab: 67,2 Prozent der Wählerinnen und Wähler beantworten die Frage "Do you think the UK should stay in the European Community (Common Market)?" mit einem Ja. 

 

Hier werden weitere Ursachen für die heutige EU-Skepsis der Briten deutlich.    

Der britischen Bevölkerung wurde nie ehrlich gesagt, was eigentlich hinter der EWG stand, nämlich eine immer engere Union politischer Art. Alle Premierminister wussten, dass wenn wir unserem Volk reinen Wein einschenken und sagen, dass hier mehr als Freihandel und bessere Wirtschaftsbeziehungen gemeint sind, sondern eine politische Union, ein „Superstaat“, dann hätten sie bestimmt schon beim ersten „Brexit.Referendum“ von 1975 schon „Nein“ gesagt.  

 

 

Zudem war und ist es Urangst der britischen Nation, nationale Souveränität und Identität zu verlieren. Da ist die Furcht, von Europa gegängelt zu werden. In der großen Gemeinschaft sind sie nur ein Land von vielen. In Europa wären sie „Untermieter in Brüssel“, aber auf den Insel sind sie Herr ihres eigenen Hauses. Die schlimmsten Befürchtungen scheinen sich zu bestätigen, als man in Brüssel plante, die traditionellen englischen Milchmänner zu verbieten. Zu unhygienisch sagte man Brüssel, die Flaschen seien vor Hunden und Katzen ungeschützt. Ein Sturm der Entrüstung bricht los, bis Brüssel den Plan aufgibt. Das Beispiel zeigt: Das Gefühl, das das was es heißt, britisch zu sein, durch die EU bedroht wird, ist sehr stark verbreitet. 

6. Seit 1979: Ausnahmeregelungen für Großbritannien (I): Margret Thatcher und der „Briten-Rabatt“

 

Die 1979 gewählte Premierministerin Margret Thatcher stellt das Verhältnis zur EG auf eine harte Probe. Wenn es um Europa um eine Wirtschaftsgemeinschaft ging, dann wollte sie das hundertprozentig, Zweifel kamen, wenn es zu politisch wurde.

 

Thatcher kämpfte für einen Rabatt auf die britischen Beitragszahlungen in die europäische Gemeinschaftskasse. 1984 rief sie in Richtung Brüssel: "I want my money back!"

Die Begründung Thatchers: Das land zahl mehr in die Gemeinschaftskasse ein, als es durch Agrarsubventionen zurückbekommt. Damals war Großbritannien eines der wirtschaftsschwächeren Länder der EG und dennoch „Nettozahler“, d. h. es bekam weniger Geld aus Brüssel zurück als es in den EU-Haushalt einbezahlte. Denn der Anteil der Landwirtschaft am damaligen EG-Haushalt machte Mitte der 70er Jahre noch über 80 Prozent aus Der Anteil der Landwirtschaft am der britischen Bruttoinlandsprodukt war und ist aber gering und so erhielten die Briten nur wenig Agrarsubventionen aus Brüssel. 

 

Thatcher handelte erfolgreich einen Rabatt auf ihre Beiträge für den EU-Haushalt aus: Einen Ausgleich  für übermäßige Nettozahlungen, der übrigens allein für Großbritannien gilt – und die das Land bis heute bekommt und dies, obwohl Großbritannien mittlerweile zu den reichsten EU-Staaten zählt. Einer der Gründe, weshalb der Rabatt auf dem Festland als ungerecht empfunden wird.  

 

7. Ausnahmeregelungen für Großbritannien (II): Die Briten treten dem Schengen- Raum nicht bei und beleiben dem Euro fern.  

 

1990 geht die Thatcher-Ära in Großbritannien zu Ende. Ihr Nachfolger, John Major, schlägt andere Töne an: “We want to be in the heart of Europe“ sagte Major. Die Stimmung bei den EU-Gipfeltreffen entspannt sich – zunächst!. Major hatte zu Kämpfen mit den Euroskeptikern in seine Partei, den Konservativen Diese drängen Major, Ausstiegsoptionen und Ausnahmereglungen („Opt-out“ genannt) zu verhandeln, die Möglichkeit, gemeinsam gefasste Beschlüsse nicht mittragen zu müssen.  

 

Europa rückt politisch enger zusammen und die Briten fürchten den „Superstaat“

In Majors Amtzeit fällt auch ein Ereignis, das Großbritannien näher an den Kontinent heranrückt: Im März 1994 fährt die britische Königin im Zug nach Frankreich – in einem Tunnel unter dem Ärmelkanal hindurch. Doch wer in den Zug zum Kontinent einsteigen will, muss nach wie vor seinen Reisepass vorzeigen. Anders als auf dem europäischen Festland. Im März 1995 werden die Grenzen zwischen den Ländern der EU geöffnet.  

Dem Schengener Abkommen, das ein Europa ohne Grenzkontrollen ermöglicht, wollten die Briten  nicht beitreten, da sie sich in ihre Einwanderungskontrollpolitik nicht reinreden lassen wollten.  In der Folge trat auch Irland dem Abkommen nicht bei, um eine Schengen-Grenze durch das irische Gebiet zu vermeiden.

Trotzdem hat Großbritannien die Grenzen zur EU vor allem gegenüber „aus pragmatischen Gründen“. doch sehr schnell geöffnet - vor allem Richtung Polen.

 

 

Auch bei einem anderen Herzensprojekt der Europäer, der Einführung des Euro als gemeinsame Währung, wollten die Briten von Beginn an nicht mitmachen.

Der neue britische Premierminister Tony Blair von der Labour-Party findet dem Euro zunächst gar nicht so schlecht, bis er von seinen Finanzminister zurückgepfiffen wird – man möchte aus der heutigen Perspektive sagen, nicht zu Unrecht, denn wer möchte behaupten, das diese Eurozone so ganz gelungen ist?

 


Opt-out (EU-Verträge)

 

In verschiedenen Verträgen der  Europäischen Union sind einzelnen Mitgliedsländern Ausnahmeregelungen, Opt-out genannt, zugestanden worden.

1. In einem Zusatzprotokoll zum Vertrag von Lissabon bestanden einige Länder auf Opt-out-Klauseln, wodurch die Grundrechtecharta nur teilweise anwendbar ist:

·                    Tschechien (siehe Beneš-Dekrete)

·                    Großbritannien

·                    Polen.

2. Als 1990 die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion vereinbart wurde, forderten - und erhielten - die EU-Staaten Dänemark und Großbritannien de jure und Schweden de facto eine Ausstiegsoption aus der Verpflichtung, die Währung Euro einzuführen.Schweden verfehlt durch den Nichtbeitritt zum Wechselkursmechanismus II absichtlich eines der EU-Konvergenzkriterien, um so den Eurobeitritt zu vermeiden.

 

3. Bei der Überführung des Schengenrechts in das EU-Recht[2] haben das Vereinigte Königreich und Irland Ausnahmeklauseln (Opt-outs) durchgesetzt, wonach das Schengenrecht bis auf geringe Ausnahmen auf die beiden Staaten solange keine Anwendung findet, bis diese einen gesonderten Anwendungsantrag stellen. Dies hat praktische Bedeutung bei der Einreise von Bürgern der Schengen-Staaten ins Vereinigte Königreich oder nach Irland.

Quelle: Seite „Opt-out (EU-Verträge)“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 5. Januar 2015, 01:25 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Opt-out_(EU-Vertr%C3%A4ge)&oldid=137436475 (Abgerufen: 26. Juni 2016, 14:24 UTC)

8.  Wie kam es zum Referendum?

Am 1. Mai 2004 treten der Europäischen Union zehn weitere Staaten bei. Die Eu erweitert sich nach Osten.

Als es zur großen Osterweiterung der EU kam, hat Großbritannien, obwohl es kein Mitglied des Schengen-Raumes ist, die Tore vor allem für für polnische Arbeitsmigranten geöffnet und so kommt es, dass nun zwei Millionen Osteuropäer, die EU-Bürger sind, in Großbritannien wohnen und arbeiten. Diese machen die Jobs, die die Briten zum teil nicht machen wollen oder können.

Gerade für Großbritannien, für das der Immobilienmarkt wichtig ist, ist die Zuwanderung wichtig, weil „die Polen die ganze Arbeit machen“.

 

Mit der Osterweiterung der EU und dem Beginn der Zuwanderung osteuropäischer Migranten wächst aber das britische Misstrauen. Die europaskeptische Partei UKIP mit ihrem Vorsitzenden Nigel Nigel Farage macht von sich Reden. Farage behauptet, der Einfluss Brüssels sei zu groß.

Bei der Europawahl 2014 konnte die Ukip-Partei in Großbritannien 4.3 Millionen Stimmen (Stimmanteil; 27,5 %) gewinnen und stärkste Partei im Vereinigten Königreich werden.

 

Der britische Premier David Cameron gerät in Bedrängnis. Auch EU-Skeptiker aus den Reihen der Konservativen Partei meldeten sich immer lauter zu Wort.

Cameron aber wollte in der EU bleiben und die Europafrage ein für alle mal geklärt haben. Er wollte an der Macht bleiben, indem er die Europafrage dem Volk zur Abstimmung vorlegte.  

 

Das Referendum über den Verbleib von Großbritannien in der Europäischen Union kündigt er Anfang 2013 für den 23. Juni 2016 an ...