Sozistunden 12903 - EU - Die Geschichte der EU - a) Die Anfänge des Friedensprojekt (?) EU und b) Die Erweiterungen der EU - eine gute Sache?



Teil 1: Die Anfänge der EU - Die EU eine Friedensgemeinschaft? 


Mitschrift von Hanna Neumann (LK Sozialkunde) vom 05.09.2016 (Teil 01)

- auch eingesetzt in der Stunde vom 16.08.2019 


Zum Einstieg: Wie weit ist die Europäische Integration  

Die EU und der europäische Einigungsprozess werden oft infrage gestellt. Vor allem Rechtspopulisten arbeiten sich am Feindbild "Europa" ab. RESPEKT zeigt: Die europäische Integration ist längst Alltag und eine große Chance.
Europa stecke in der Krise, heißt es oft. Durch die Finanzkrise ab 2007 und durch die Flüchtlingspolitik seit 2015 wird die Europäische Union oft – vor allem von Rechtspopulisten – in Frage gestellt. Der Austritt Großbritanniens aus der EU ab 2019 sowie undemokratische Tendenzen in osteuropäischen Ländern wie Ungarn und Polen stellen die Idee eines gemeinsamen demokratischen Europas auf die Probe. Die RESPEKT-Reportage „Zusammen in Europa - wie weit ist die Europäische Integration?“ geht der Frage nach, wie gefährlich diese Tendenzen für die gemeinsame europäische Idee werden. Repräsentative Umfragen in den EU-Mitgliedsstaaten (z.B. Eurobarometer 2017) zeigen, dass die Mehrheit der europäischen Bevölkerung sowohl zufrieden ist mit der EU als auch „mehr Europa“ will. Gleichzeitig verschaffen sich aber die EU-Kritiker sehr laut Gehör. RESPEKT-Moderatorin Sabine Pusch macht sich auf die Suche nach überzeugten Europäern und fragt nach, wie weit Europa im Einigungsprozess eigentlich ist. Gerade der Brexit – der Austritt Großbritanniens aus der EU – der von EU-Kritikern immer als Beispiel für die Fehler der EU dient, zeigt, wie schwer heute ein europäisches Land ohne die EU zurechtkommt. RESPEKT zeigt am Beispiel von bretonischen und bayerischen Auszubildenden, dass der Europäische Einigungsprozess schon längst Alltag ist und im Leben der allermeisten Menschen längst angekommen ist. Europa ist Realität und nicht mehr rückgängig zu machen. Das zeigt auch das komplizierte Procedere beim Brexit. Zudem erinnert RESPEKT an die Grundidee der Europäischen Einigung, geboren nach 2 Weltkriegen mit mehr als 80 Millionen Toten. Nach dem 2. Weltkrieg gestartet als Militärbündnis, bald erweitert zur Wirtschaftsgemeinschaft, bilden Anfang 2019 in der Europäischen Union (noch) 28 Mitgliedsstaaten den weltweit größten gemeinsamen Wirtschaftsraum mit mehr als einer halben Milliarde Einwohner.

RESPEKT | 05.05.2019 Wie weit ist die europäische Integration?
ARD-alpha 05.05.2019, 19:30 Uhr 28 Min
https://www.br.de/mediathek/video/respekt-05052019-wie-weit-ist-die-europaeische-integration-av:5c070a17713b2a0018650e49

Online bis 29.04.2024

https://www.youtube.com/watch?v=MK7Tk75Qilc&t=1s





 

Die Geschichte der Europäischen Union I Geschichte [von Mr Wissen to go]

 

https://www.youtube.com/watch?v=x-HUsTQMQeo&t=23s

 

Europa bestimmt heute unseren Lebensalltag. Wir fahren ohne Grenzkontrollen von einem Land ins andere, wir leben und arbeiten auf dem ganzen Kontinent, wo wir wollen.

 

Man muss aber sagen. Das war nicht immer so, das hat sich langsam entwickelt.

 

Wie es dazu kam, dass will ich euch heute erklären: Die zehn wichtigsten Schritte in der Geschichte der Europäischen Union, die Erfolge, die Niederlagen, die besonderen Momente – alles, was Du wissen musst jetzt.

1.  Der erste Schritt zu einem einigen Europa war die Gründung der Montanunion 1952. Die  Idee ist so einfach wie genial: Es geht darum zu verhindern, dass die Staaten Europas wieder Krieg gegeneinander führen können, vor allem die beiden größten Staaten Deutschland und Frankreich. Wie macht man das? Ja, am einfachsten ist es, wenn man ihnen die Möglichkeit nimmt, Krieg zu führen. Um einen Krieg zu führen, braucht man nämlich zunächst einmal Waffen. Vielleicht meinen jetzt einige von Euch, da wäre es doch am einfachsten, wenn man Waffen verbietet. Das ist ans sich eine gute Idee, aber leider lehrt uns die Geschichte, dass das nicht funktioniert. Zum Beispiel ist Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg verboten worden, bestimmte Waffen zu besitzen (Panzer, Flugzeuge, U-Boote), die Deutschen haben aber dann nichts besseres zu tun gehabt, als zu versuchen, dieses Verbot zu umgehen. Und am Ende haben sie wieder Panzer, Bomber und U-Boote gehabt. Wenn man das Problem mit den Waffen lösen will, dann muss man vorher ansetzen. Um Waffen zu produzieren, braucht man in erster Linie Kohle und Stahl. Wenn man die Produktion dieser beiden kriegswichtigen Rohstoffe gemeinsam regelt, dann muss kein Partner Angst haben, dass der Partner unbemerkt aufrüsten kann. Ganz vereinfacht gesagt: Man stellt gemeinsam Waffen her und teilt sie dann untereinander auf.

 

Genau das ist der Startschuss für die europäische Einigung. Der französische Außenminister Robert Schumann schlug im Mai 1950 vor, die Gesamtheit der französisch-deutschen Stahlproduktion einer „Gemeinsamen Hohen Behörde“ zu unterstellen, in einer Organisation, die denn anderen europäischen Staaten zum Beitritt offen steht.

 

Am 23. Juli 1952 nimmt die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, auch Montanunion genannt) ihre Arbeit auf. Die Gründerstaaten Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, die Niederlande und Luxemburg schaffen eine gemeinsame Behörde, die so genannte „Hohe Behörde“.

 

Diese Behörde bekommt bestimmte Regelungskompetenzen, Die Staaten verzichten auf einen Teil ihrer Souveränität. Souveränität, das ist die Fähigkeit, die für sich selbst geltenden Gesetze zu erlassen. Sie ist eine ganz wichtige Voraussetzung dass ein Staat überhaupt bestehen kann, er regelt seine eigenen Angelegenheiten.

 

Hinter der gesamten Europäischen Einigung steht die Idee, dass die Staaten Teile dieser Fähigkeit an gemeinsame Institutionen abgeben. Deutschland bestimmt nicht für sich allein, Frankreich bestimmt nicht für sich allein -  man bestimmt gemeinsam für beide zusammen. Die sechs Staaten der Montanunion bildeten die „Gemeinsame Behörde“ und schufen für den Montansektor Institutionen, die als Vorläufer heutiger EU-Organe betrachtet werden können: Die „Hohe Behörde“, die die Gestalt der heutigen Kommission stark beeinflusste, ein gemeinsames Parlament [welches zunächst nur Kontroll- und keine Gesetzgebungsbefugnisse hatte und zunächst „Gemeinsame Versammlung“ genannt wurde]  und einen gemeinsamen Gerichtshof.

 

 

2. Der zweite Schritt zum gemeinsamen Europa folgt mit den Römischen Verträgen. (Die Kooperation im Bereich der Montanindustrie verlief so erfolgreich, dass die sechs Gründerstaaten sich entschlossen, diese Zusammenarbeit auf andere Wirtschaftsbereiche (Landwirtschaft und Atomindustrie auszudehnen.) Die Römischen Verträge über die Gründung einer Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen Atomgemeinschaft („Euratom“) werden am 25. März 1957 unterzeichnet. Euratom und die EWG bilden zusammen mit der EGKS die Europäischen Gemeinschaften,   

 

Die sechs Staaten vereinbaren [als zukünftiges Ziel die Schaffung Zollunion, also] die Zölle zwischen ihren Staaten  aufzugeben. [Auch die Ziel eines gemeinsamen Binnenmarktes wird vereinbart:] Waren, Personen und die Dienstleistungen sollen so frei möglich oder den Länden wechseln können. Im Handel mit Drittländern tritt mit man gemeinsam auf. …

 

Sendeminute 3,5

 

Auf der anderen Seite steht das Parlament. Ich sagte ja schon, dass die EGKS ein Parlament hatte. Dieses Parlament ist nicht so mächtig wie ein normales Parlament, es hat bloß Aufsichtsrechte. Die Abgeordneten in diesem Parlament werden auch nicht gewählt wie normale Abgeordnete, sie werden von ihrem nationalen Parlament entsandt. Im Fall der Bundesrepublik Deutschland also vom Bundestag. Um zu zeigen, dass dieses Parlament gar kein richtiges Parlament ist, nennt man es „Parlamentarische Versammlung“. Die Abgeordneten, die da zusammenkommen, nennen sich schon ganz selbstbewusst schon „Europäisches Parlament“. Es dauert fast 30 Jahre, bis dieser Titel dann auch offiziell wird.

 

Dieser zweite Schritt ist praktisch ein gigantisches Experiment. Kann es klappen, dass sechs Länder auf Teile ihrer Gesetzgebungskompetenzen verzichten und gemeinsame Politik betreiben? Zumindest für wirtschaftliche Angelegenheiten gilt: Ja das klappt!



Exkurs für Experten: Europäische Gemeinschaft oder Europäische Gemeinschaften?

Die drei Gemeinschaften EGKS; EWG und Euratom wurden in den 70er und 1980er Jahren umgangssprachlich und in den Medien oftmals als »Europäische Gemeinschaft« bezeichnet, um so die Einheit der zusammengeschlossenen Staaten zu betonen. Der Begriff „Europäische Gemeinschaft“ hat neben dieser umgangssprachlichen aber noch eine offizielle Bedeutung: Mit dem Vertrag von Maastricht vom 1.11.1993 wurde die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft in  Europäische Gemeinschaft unbenannt. Der EGKS-Vertrag, der für eine Dauer von 50 Jahren geschlossen wurde, lief am 23. Juli 2002 aus, die Aufgaben der Montanunion gingen auf die Europäische Gemeinschaft über. Mit dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon am 1. Dezember 2009 wurde die Existenz der Europäischen Gemeinschaft beendet. Ihre Rechtsnachfolgerin wurde die Europäische Union. Damit blieb nur die Euratom als eigenständige Organisation und so genannte Europäische Gemeinschaft bestehen, ist jedoch in ihren Strukturen vollständig an die EU angegliedert.

 

Vgl. hierzu z. B.: 



Erklärvideo: „ Die Europäische Union (EU) erklärt | wissen2go“; im September 2016 abrufbar unter der folgenden URL:  

https://www.youtube.com/watch?v=BsacPL1BZ-8


Die Europäische Union (EU) erklärt | wissen2go
https://www.youtube.com/watch?time_continue=18&v=BsacPL1BZ-8 
Sendeminute 03
Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte der französische Außenminister Robert Schuman einen Plan. Er sagte sich, wenn Länder wirtschaftlich zusammenarbeiten, dann führen Sie schonmal keinen Krieg. Und so hat er vorgeschlagen, dass man doch die Stahl und Kohleproduktion zusammenlegen könnte und wirtschaftlich zusammenarbeiten könnte im Bereich der Kohle und Stahlproduktion. Das fanden auch die Deutschen sehr gut und letztendlich schlossen sich dann 1951 sechs Länder zusammen zur Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), auch Montanunion genannt. Das klappte dann ganz gut, Man arbeitete wirtschaftlich ganz gut zusammen im Bereich der Kohle und Stahlproduktion, so das man dann 1957 sagte: Das könnte man noch ein wenig ausbauen Es wurden noch zwei weitere Organisationen ins Leben gerufen, nämlich einmal die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), also man arbeitete in anderen Wirtschaftsfeldern [vor allem der Landwirtschaft] auch zusammen und die Europäische Atomunion (Euratom). Das ganze wurde beschlossen mit den so genannten Verträgen von Rom 1957.
1967 gab es dann wieder einen wichtigen Schritt in diesem Jahr wurden die Organe dieser drei Gemeinschaften EGKS EWG und Euratom durch den EG-Fusionsvertrag zusammengelegt.
Das funktionierte weiterhin gut, so gut, dass sich weitere Länder anschlossen, es kamen dann noch die Engländer hinzu später dann noch die Spanier außerdem die Griechen. Und viel weitere Länder die sich anschlossen so dass es schließlich zwölf Länder waren als 1989 die Sowjetunion gebrochen ist. ....

Um Europa neu zu organisieren wurden 1992 in Maastricht ganz wegweisende Dinge beschlossen. Mit dem Vertag von Maastricht wurde die Europäische Union gegründet. Die Europäische Union war nicht nur eine wirtschaftliche Zusammenarbeit, sondern eine Zusammenarbeit in allen wichtigen politischen Feldern. Zum Beispiel im Bereich der Verteidigungspolitik, der Sicherheitspolitik .

Nochmal kurz zusammengefasst. Es gab also ab 1957 drei verschiedene Organisation, die sich vor allem um wirtschaftliche Dinge kümmerten, später ab 1967 unter einem Dach zusammengefasst waren.

Mit dem Fall der Mauer gab es eine völlig neue Weltordnung. Damit einher ging auch eine Ordnung in Europa und es entband 1992 die Europäische Union. Das war aber noch nicht alles, es war nicht nur so, dass sich in den nächsten Jahren 16 weitere Länder angeschlossen haben, so dass wir 2019 (12 plus 16 =) 28 Mitgliedsstaaten haben  [….]


Zur Beurteilung: Die EU - eine Friedensgemeinschaft? 

Karikatur - For 50 years Europe has meant peace
http://www.bpb.de/lernen/grafstat/europawahl-2014/182008/m-02-05-karikatur-for-50-years-europe-has-meant-peace


Erklärfilm - Was ist Europa?
ARD-alpha - 20.05.2019, 21:45 Uhr 3 Min
Online bis 20.11.2023 
Europa ist nicht nur eine Wirtschafts-, sondern auch eine Wertegemeinschaft. Welche Werte teilen wir in Europa? Woher kommen diese Werte? Ein Überblick.
https://www.br.de/mediathek/video/erklaerfilm-was-ist-europa-av:5abced967659070018e7b371

Gesamte Sendung: 
Europa - Idee von gestern oder Vision für morgen?
https://www.youtube.com/watch?v=Y-IqwbQ2UB0




Mitschrift zum Video: Mit offenen Karten -"Mit offenen Karten - EU WOZU?" 

 

Das Video ist im September 2016 abrufbar unter der folgenden URL:

 

https://www.youtube.com/watch?v=EeY3Cqo0Y4Q


Einen europäischen Kontinent gibt es – entgegen landläufiger Meinung, nicht. Europa ist eine Halbinsel Eurasiens, deren Grenze im Osten nicht so einfach zu definieren ist. Die geographischen Grenzen Europas stimmen weder mit denen der Europäischen Union noch mit denen anderer internationaler Organisationen wie Europarat, OSZE oder NATO überein.
Man kann Europäer sein, ohne EU-Bürger zu sein. Das gilt u. a. für Isländer, Norweger, Schweizer und die Serben. Die Zugehörigkeit zur Europäischen Union ergibt sich also nicht aus geographischen Bedingungen, sondern aus einer historischen Logik:
Auf einer Karte aus dem Atlas "Fragments d'Europe" sind etwa 600 bedeutende Schlachten zwischen 1740 und 1990 eingezeichnet. In diesem Zeitraum von 250 Jahren gab es 160 bewaffnete zwischenstaatliche Konflikte. Dabei waren die Schauplätze fast immer die gleichen, denn die Ziele blieben die gleichen: einen Hafen, eine oder mehrere Städte oder Rohstoffvorkommen erobern, den Verlauf der Grenzen verändern. Dazu kommen die Kriege innerhalb von Staaten, Bürgerkriege, bisweilen auch Widerstands- oder Befreiungskriege genannt.

Die Einigung Europas ist also das Ergebnis einer militärischen und kriegerischen Geschichte. Die kriegerische Vergangenheit Europas mit den Schlachtfeldern und Soldatenfriedhöfen (von Waterloo und Verdun im Westen bis Leningrad im Norden und Stalingrad im Osten) reicht heute allerdings nicht mehr aus, um Schüler von der Notwendigkeit der europäischen Einigung zu überzeugen.

Heute ist Frieden kein Traum mehr, sondern etwas Normales und Selbstverständliches.
Doch 1945 stellte sich tatsächlich die Frage, wie sich die ständige Rivalität zwischen unseren Völkern bzw. ihren politischen Führern überwinden ließ.
Die Einigung Europas begann mit sechs Staaten und zunächst im Bereich der Wirtschaft. Man begann damit, die Produktion von Kohle und Stahl gemeinsam zu verwalten.


Aufgrund des Erfolgs der 1951 gegründeten Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl weiteten die sechs Gründerstaaten ihre Zusammenarbeit auch auf andere Wirtschaftsbereiche aus. Am 25. März 1957 unterzeichnen die gleichen sechs Länder die Verträge von Rom und gründen damit die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) sowie die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom). Die Idee der EWG war die die Schaffung eines großen gemeinsamen Marktes aus dem später die EU hervorgehen sollte.

1973 wurde der gemeinsame Markt wurde auf neun Länder erweitert, als Dänemark, Großbritannien und Irland betraten. Zehn Mitgliedsländer waren es 1981 nach dem Beitritt Griechenlands, zwölf 1986 durch die Aufnahme Spaniens und Portugals und fünfzehn 1995 nach dem Beitritt der ehemals neutralen Staaten Schweden, Finnland und Österreich.

Im Januar 2007 erweiterte sich die EU nach Südosten, als mit Bulgarien und Rumänien treten zwei weitere ehemalige „Ostblockstaaten“ beitraten.

Seit 1.07.2013 ist Kroatien ist in die EU eingetreten. Damit sind nun 28 Länder in der europäischen Union. Auch die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien und die Türkei sind Kandidaten für einen späteren Beitritt zur EU.


Sendeminute 7,5: Inzwischen herrscht Unsicherheit darüber, was mit der Einigung Europas eigentlich bezweckt werden soll, obwohl transnationale Probleme in den Bereichen Umweltschutz, Sicherheit, Terrorismus, Vogelgrippe, Einwanderung, Arbeitslosigkeit und Währungsstabilität längst nicht mehr allein auf staatlicher Ebene bewältigt werden können.

Das Bruttoinlandsprodukt der USA betrug 2006 13,5 Billionen, das der EU-Staaten knapp 15 Billionen Dollar. In der EU lebten 2006 insgesamt 456 Millionen, in den USA genau 300 Millionen Menschen.




Teil 2: Die Erweiterungen der EU

Mitschrift von Björ Oldach vom 19.08.2019


Zum Einstieg: Die EU-Erweiterungen


"Hurra, wir sind 25 Mann stark!" - Karikatur von Haitzinger zur Erweiterung der EU (30. April 2004)
https://www.cvce.eu/de/obj/karikatur_von_haitzinger_zur_erweiterung_der_eu_30_april_2004-de-4d4460aa-c68e-42b2-9b5e-015f55023742.html
nach folgender Quelle: HAITZINGER, Horst. Haitzinger Karikaturen 2004. München: Bruckmann, 2004. 72 S. ISBN 3-8307-1666-4



Alpha Demokratie – Wie funktioniert die EU? - sehr sehenswert   

alpha-demokratie vom 06.05.2019

https://www.br.de/mediathek/video/alpha-demokratie-06052019-wie-funktioniert-die-eu-av:5c9ba2b914ca33001a225115

Sendeminute 0:

Mirjam Kottmann (Moderatorin): Oft ist in den Nachrichten zu hören: „ Brüssel hat dieses oder jenes beschlossen“ aber was bedeutet das eigentlich. Wer oder was ist Brüssel was sind die Aufgaben der EU und welche Institutionen gibt es? Kurz wie funktioniert die Europäische Union – das ist unser Thema jetzt in Alpha-Demokratie. Die europäische Union - ein Zusammenschluss von 28 Nationalstaaten. Über die Struktur der EU und darüber, wer welche Kompetenzen hat, über die Geschichte und die aktuellen Herausforderungen möchte ich jetzt sprechen mit dem Politikwissenschaftler Doktor Andreas Kalina. Er arbeitet an der Akademie für politische Bildung Tutzing. Herr Dr. Kalina – was zeichnet die Europäische Union eigentlich aus im Gegensatz zu anderen Staatenbündnissen?

 

Dr. Andreas Kalina: Die Europäische Union ist eigentlich ganz einzigartig, weil sie auf der einen Seite mehr ist als Staatenbündnisse und internationale Organisationen, aber noch immer nicht die Qualität eines Staates besitzt. D. h. sie ist ein Zwischending einem Staat und einer internationalen Organisation. Das, was sie einzigartig macht ist das sie ein politisches System ist: Genauso wie Nationalstaaten kann sie Politik machen, Regeln machen, die dann verbindlich sind und das ist eines ihrer zentralen Kennzeichen.

 

Mirjam Kottmann (Moderatorin): Ja begonnen hat alles vor bald 70 Jahren als großes Friedensprojekt. Nach den beiden Weltkriegen sehnten sich die Menschen nach Frieden und Freiheit, sie wollten in Einigkeit zusammen leben und die Grenzen in den Köpfen überwinden.

Die Montanunion wurde gegründet. Sechs westeuropäische Länder schlossen sich 1951 zu meiner Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, auch Montanunion genannt) zusammen.

Nämlich Frankreich, die Bundesrepublik Deutschland, Belgien, die Niederlande, Luxemburg und Italien. Ja, Ziel war also die Sicherung die Sicherung des Friedens unter den Mitgliedsstaaten; und das Instrument, um das zu erreich waren Kohle und Stahl. Warum gerade Kohle und Stahl?

 

Dr. Andreas Kalina: Das war ganz pragmatisch gedacht, weil Kohle und Stahl, das waren damals die zentralen Rohstoffe - wichtige Stichworte sind hier Waffenindustrie und Schwerindustrie, das war, das worauf die Wirtschaften aufgebaut hatten.

Wir müssen uns in eine Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg versetzen, in der Deutschland kein souveräner Staat war trotzdem über diese Rohstoffe verfügt hatte. Belgien, Niederlande Luxemburg und Frankreich waren auch Staaten, die ihre Industrie aufbauen wollten. Und dann ging es natürlich darum: „Wie können wir das gemeinsam machen?“ Einerseits: Wie bekommen wir Deutschland eingehegt, dass nicht das Potenzial entsteht für eine weitere Aufrüstung. Insofern war eine Friedensgemeinschaft schon der Leitgedanke. Auf der anderen Seite: Wenn man sich zum Beispiel Robert Schuman anschaut, den  französischen Außenminister, der das Ganze in die Wege geleitet hat: Für ihn spielten knallharte  Nationalinteressen eine Rolle: Es ging darum, die französische Industrie auf die Beine zu stellen. Auf der anderen Seite ging es Deutschland da ging es natürlich auch um die Friedenssicherung, Aber Konrad Adenauer sah gerade in der Montanunion die Möglichkeit, eine gewisse Souveränität zu erlangen und den wirtschaftlichen Wiederaufbau Deutschlands auch den wirtschaftlichen voranzutreiben. Auf der der einen Seite spielten also nationale Interessen eine Rolle und auf der anderen Seite das Interesse: Nie wieder Krieg!

 

Mirjam Kottmann (Moderatorin):

Ja, die Gründerstaaten sahen sich aber nicht als geschlossenen Club, sondern sie boten im Laufe der Zeit immer mehr Ländern, beizutreten.

 

Sprecherin: Der Ursprung der europäischen Union liegt in der Montanunion, auch bekannt als Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS). Diese besteht zunächst aus der Bundesrepublik Deutschland, Belgien den Niederlanden, Luxemburg, Frankreich und Italien.

Dieser Gemeinschaft schließen sich 1973 Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich Großbritannien an – eine Westerweiterung quasi. Norwegens Regierung will damals übrigens auch beitreten, aber die Bevölkerung spricht sich dagegen aus, sowie dann 1994 noch einmal.  

1981 tritt Griechenland bei, 1986 kommen Portugal und Spanien dazu. Die südeuropäischen Länder hatten ihre Diktaturen überwunden.

1995 werden zunächst die Staaten Schweden, Finnland und Österreich, die in der Zeit des Kalten Krieges als „neutral“ galten, aufgenommen.

2004 treten mit der ersten Osterweiterung weitere Staaten der EU bei, darunter sind acht ehemals kommunistisch regierte Länder [die postsowjetischen baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen und die osteuropäischen Staaten Slowenien, Tschechien, die Slowakei, Polen, Ungarn] sowie Malta und die Insel Zypern - diese jedoch nur mit dem griechischen Südteil. 2007 werden Bulgarien und Rumänien aufgenommen, 2013 Kroatien,

 

Mirjam Kottmann (Moderatorin): Ja, was war denn so attraktiv an der Montanunion und an der späteren EG, dass so viele Länder dazu kommen wollten?

 

Dr. Andreas Kalina: An der Montanunion eigentlich noch so viel, aber man muss ihr zwei Entwicklungsstränge. Einerseits mit den Ländern die dazugekommen sind, die geographische Komponente [bzw. die Integrationsreichweite] und andererseits auch eine Vertiefung: Die EU hat auch ihren Charakter und geändert und von Erweiterungswelle zu Erweiterungswelle waren es unterschiedliche Motive beizutreten.

 

Die erste Welle, die Westerweiterung [1973] um Großbritannien, Dänemark, Irland, Da ging es tatsächlich darum: Das waren Staaten, die gesehen haben dass die Europäischen Gemeinschaften [EGKS, EWG und Euratom] wirtschaftlich einen Aufschwung erlebt haben und diese Staaten, die waren außen vor und die wollten an diesem Aufschwung auch partizipieren. Also das waren .... vor allem wirtschaftliche Interessen.

 

Und dann ... kam die nächste Erweiterung, das war die Süderweiterung in Richtung Portugal [1981] und Griechenland und Spanien [1986]. Da waren die Motive schon andere: Diese Staaten waren ehemalige Diktaturen, die im gerade im Prozess der Demokratisierung standen und die sahen tatsächlich die damalige Europäische Gemeinschaft als einen Anker der Demokratie. Und auf der andern Seite hat das auch Brüssel bzw. die Europäische Gemeinschaft vorangetrieben, weil es herrschte die Ansicht: Wenn wir diese Staaten möglichst schnell integrieren, können wir den demokratischen Prozess absichern und darauf schauen, dass diese alten Autokratien bzw.. Diktaturen … in ein demokratisches System überführt werden.

[Anmerkung: Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion endete im Jahre 1990 der Kalte Krieg. Für die ehemals Neutralen Staaten Finnland, Schweden und Österreich eröffnete sich damit die Möglichkeit, der EU beizutreten, diese Norderweiterung der EU erfolgte im Jahr 1995).

Und das ganze hat sich dann wiederholt mit der Osterweiterung. Weil hier ging einerseits aus der Perspektive der mitteleuropäischen bzw. osteuropäischen Staaten darum, zurück nach Europa zu kommen, in einen Club, der prosperiert, der wirtschaftlich stark ist, aber auch in Westeuropa verankert zu sein. Auf der anderen Seite hatten die westeuropäischen Staaten das Interessen, die ehemals kommunistisch regierten osteuropäischen Staaten zu stabilisieren und den Demokratiesierungsprozess  zu beschleunigen, um damit auch zu verhindern, dass diese Staaten Richtung Russland abdriften. 

 

Mirjam Kottmann (Moderatorin):Auf welchen zwei Grundprinzipien beruht denn die Europäische Union?

 

Dr. Andreas Kalina: Auf der einen Seite ist die EU schon von der Geburtsstunde her eine Wertegemeinschaft, in der es um eine Friedendgemeinschaft geht, wo es [also] um eine Gemeinschaft geht, die eine Rechtsgemeinschaft ist, die die Menschenrechte achtet.

Auf der anderen Seite auch das Organisationsprinzip, also das Prinzip der Supranationalität. Sprich: Man baut eine Organisation, die oberhalb der Staaten fungiert, in der die Staaten aber auch Elemente sind, die mitsteuern können. Weil das ist wichtig wenn man über die Europäische Union spricht: Brüssel ist nicht ein Raumschiff, das irgendwo darüber steht, Sonden die Mitgliedsstaaten sind integrale Bestandteile und die könne mitsteuern. Genau das sagt auch das Prinzip der Supranationalität. Die Nationen sind Bestandteile des Ganzen, aber die Logik ist eine über den Nationalstaaten.



Karikaturen zur Beurteilung:

Karikatur zur Erweiterung der EU

Karikatur – Das grosse Fressen
https://janson-karikatur.de/eu-erweiterung


Im Jahr 2060 – Karikatur von Klaus Stuttmann vom 3.10.2005

https://www.stuttmann-karikaturen.de/karikatur/1448