Sozistunde 12905 alte Version - EU - "Integrationstiefe" - die bisherige Entwicklung - eine "veraltete" Unterrichtsstunde vom 7.10.2016 (Sozi LK 13)


Die Unterrichtstunde erscheint zwar aus heutiger Sicht veraltet und wurde inzwischen aktualisiert.


Die „Integrationstiefe“, also die Anzahl der vergemeinschafteten Politikfelder ist im Verlauf der EU-Geschichte größer geworden. Man kann sagen, die EG/EU hat sich in die Integration vorgetastet und dabei mit der „wirtschaftlichen Integration“ begonnen. Nach einem der Gründerväter der Union, Jean Monnet, nannte man das die "Methode Monnet".

Die EU gilt weltweit als das erfolgreichste Modell regionaler Wirtschaftsintegration.

 

1952 wurde die Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) gegründet. Die hier vereinbarte Zusammenarbeit verlief so erfolgreich, dass diese Staaten, die oft als „Sechsergemeinschaft“ oder „Gründerstaaten“ bezeichnet werden, beschlossen, ihre Kooperation auf andere Wirtschaftsbereiche auszuweiten: 1957 wurde mit der Unterzeichnung der „Römischen Verträge“ die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) gegründet.
Zielsetzung der EWG war die Schaffung eines Gemeinsamen Binnenmarktes.


Vier Grundfreiheiten bilden die Grundlage des Binnenmarktes der Europäischen Union: 1. die durch die Zollunion begründete Warenfreizügkeit, 2. die Personenfreizügigkeit, 

3. die Dienstleistungsfreizügigkeit und 

4. der Freier Kapital- und Zahlungsverkehr. 

Diese Zielsetzungen wurden schrittweise verwirklicht: 

zu 1.: 1968 wurden die Warenzölle im Gebiet der Europäischen Gemeinschaft abgeschafft;

 zu 2.: 1986 wurde zur Verwirklichung des Freien Personenverkehrs [ohne Grenzkontrollen] das Schengener Abkommen abgeschlossen, das zur Abschaffung der Personenkontrollen an den EU- Binnengrenzen führte.

 zu 4.: 1992 wurde im Vertrag von Maastricht festgehalten, dass die EU-Mitgliedsländer spätestens bis zum 1.01.1999 eine gemeinsame Währung, unseren heutigen Euro einführen wollten. 1999 gibt es das gemeinsame Geld als Buchgeld (also auf dem Konto), seit 2002 auch als Scheine und Münzen.

• Obwohl der Europäische Binnenmarkt unter diesem Namen offiziell seit 1. Januar 1993 existiert, gibt es  noch bestimmte Felder, die für den Binnenmarkt nicht völlig geöffnet sind oder in denen der europaweite Wettbewerb nicht funktioniert.

 

• die EU ist heute in einigen (bei weitem nicht allen) Wirtschaftsbereichen eine Wirtschaftsunion mit einheitlicher sektoraler Wirtschaftspolitik, zum Beispiel in der Landwirtschaft.




Die EU heute - kaum etwas für das sie nicht zuständig ist

Über die vergangenen Jahre, noch bevor die Schuldenkrise und die Flüchtlingskrise begannen, hat ein gewaltiger Machttransfer stattgefunden von den Mitgliedstaaten der EU nach Brüssel. Vielen Menschen ist das gar nicht bewusst, bis heute nicht. Um das zu illustrieren: Als ich meine erste Europa-Vorlesung gehalten habe vor Jahrzehnten, habe ich immer aufgezählt, für was die EU zuständig ist: Landwirtschaft und Außenhandel. 

Heute frage ich umgekehrt, für was sie nicht zuständig ist – das sind im Grunde nur die Schulpolitik und die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme.

 

Weil es diesen schrittweisen Transfer gegeben hat, stellt sich natürlich umso häufiger die Frage nach der Legitimation von Entscheidungen und der Transparenz.

Zuständigkeiten

Für die Zuständigkeiten der EU gilt grundsätzlich das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art. 5 EUV): Die EU kann nur in den Politikbereichen gesetzgebend tätig sein, die in den Gründungsverträgen ausdrücklich genannt sind. Außerdem geben die Verträge für die einzelnen Bereiche jeweils – allerdings recht allgemein formulierte – Ziele vor, auf die die Maßnahmen der EU ausgerichtet sein müssen. Alle Zuständigkeiten, die der EU nicht ausdrücklich in den Gründungsverträgen übertragen wurden, verbleiben bei den Nationalstaaten.

Die Art der Kompetenzen, die die EU besitzt, kann sich je nach Politikfeld unterscheiden (Art. 2 AEUV). Die Formen von Zuständigkeiten orientieren sich dabei grob an den verschiedenen Formen von Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern im deutschen Grundgesetz:

  • In Bereichen mit ausschließlicher Zuständigkeit der EU ist auch nur diese dazu berechtigt Recht zu setzen. Die Mitgliedstaaten dürfen hier nur tätig werden, wenn sie von der EU dazu ermächtigt werden. Die EU hat hier gegenüber ihren Mitgliedstaaten entsprechende Kompetenzen wie in Deutschland der Bund gegenüber den Ländern im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung.
  • In Bereichen mit geteilter Zuständigkeit können die Mitgliedstaaten Recht setzen, sofern und soweit die EU dies nicht getan hat. Das Verhältnis von EU und Mitgliedstaaten entspricht hier dem von Bund und Ländern im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung.
  • In Bereichen mit unterstützender Zuständigkeit kann die EU lediglich Maßnahmen der Mitgliedstaaten ergänzen und koordinieren. Anders als im Bereich der geteilten Zuständigkeit kann die EU hier keine Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften beschließen, die Mitgliedstaaten behalten also ihre volle Gesetzgebungshoheit.

In den Bereich der ausschließlichen Zuständigkeit der EU fallen die Europäische Zollunion, die Festlegung der Wettbewerbsregeln für den Europäischen Binnenmarkt, die Währungspolitik der Staaten, die an der Europäischen Währungsunion teilnehmen, die Erhaltung der biologischen Meeresschätze im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik sowie die Gemeinsame Handelspolitik (Art. 3 AEUV).

Die geteilte Zuständigkeit umfasst den Europäischen Binnenmarkt, bestimmte Bereiche der Sozialpolitik, den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt, die Landwirtschaft und Fischerei mit Ausnahme des Erhalts der biologischen Meeresschätze, die Umweltpolitik, den Verbraucherschutz, die Verkehrspolitik, die Transeuropäischen Netze, die Energiepolitik, den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, bestimmte Bereiche des Gesundheitsschutzes, die Forschungs-, Technologie- und Raumfahrtpolitik sowie die Entwicklungspolitik (Art. 4 AEUV).

Unterstützende Zuständigkeit hat die EU für die Bereiche GesundheitsschutzIndustriepolitikKulturpolitikTourismusBildungs- und Jugendpolitik, Sport,Katastrophenschutz und Verwaltungszusammenarbeit (Art. 6 AEUV).

Neben diesen Arten von Zuständigkeiten gibt es einige Bereiche, in denen die EU besondere Formen von Kompetenzen besitzt. Dies gilt zum einen für die Wirtschafts-,Beschäftigungs- und die Sozialpolitik, wo die EU koordinierend tätig werden und teilweise verbindliche Leitlinien festlegen kann (Art. 5 AEUV). Zum anderen kann die EU im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik tätig werden, wobei die Mitgliedstaaten mit ihr „im Geiste der Loyalität und der gegenseitigen Solidarität“ zusammenarbeiten, ohne dass die Verträge eine klare Kompetenzabgrenzung vornehmen (Art. 24 EUV).

Bei allen Maßnahmen der EU gelten außerdem die „Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit“ (Art. 5 EUV). Nach dem Grundsatz der Subsidiaritätsollen politische Entscheidungen nach Möglichkeit auf die niedrigste mögliche Ebene verlagert werden, also auf die nationalen, regionalen bzw. lokalen politischen Beschlussorgane der EU-Mitgliedstaaten. Die Europäische Union soll deshalb nur dann tätig werden, wenn untere Entscheidungsebenen nicht in der Lage sind, Probleme selbstständig in angemessener Form zu lösen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besagt, dass eine Maßnahme der EU nicht weiter reichen darf, als für die in den Verträgen formulierten Ziele erforderlich ist.

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Legislative der Europäischen Union

Außer den verschiedenen Arten von Zuständigkeiten sehen die EU-Gründungsverträge auch verschiedene Entscheidungs- und Rechtsetzungsverfahren vor, die je nach Politikbereich verschieden sein können.

[Nur für w]einige Politikfelder gelten intergouvernementale Verfahren, d.h. die Regierungen der Mitgliedstaaten müssen alle Entscheidungen im Rat der EU (Ministerrat) einstimmig treffen. Dies betrifft etwa die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und einen großen Teil der Sozialpolitik.

In den meisten Politikbereichen gilt allerdings das sogenannte ordentliche Gesetzgebungsverfahren, bei dem Gesetze vom Europäischen Parlament und dem Rat der EU zusammen getroffen werden, wobei im Rat das Mehrheitsprinzip gilt (Art. 294 AEUV). Da diese Politikbereiche bis zum Vertrag von Lissabon im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft geregelt waren, spricht man [hier] auch von der Gemeinschaftsmethode und von „vergemeinschafteten“ Politikfeldern.

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