Sozistunden 12213 - Die Türkei - Demokratie oder Diktatur?


Unterrichtsmaterial:

Sk 12210  Politische Theorie 2 -  Moderne Staatsformen heute - Demokratie und Diktatur

Der Download der Unterrichtsreihe ist möglich unter:

PDF: https://drive.google.com/open?id=1iDsQaTDru0p3AMzrfIsw7FjrTZMIVLf8


Unterrichtsmitschrift von Björ Oldach (KE 12) vom 29.11.2018


Erdogans Türkei – Von der Demokratie zur Diktatur?
Die Türkei galt lange als letzte Bastion der Demokratie im Mittleren Osten, trotz aller politischer Ereignisse. Doch nun ist die türkische Demokratie ins Wanken geraten. Über viele Jahrzehnte hat das Land allen religiösen Spannungen, zahlreichen Protesten und Putschversuchen erfolgreich standgehalten. Recep Tayyip Erdogans politischer Werdegang zeigt nun die völlige Abkehr von demokratischen Werten hin zu präsidialen Strukturen.
In Interviews mit gleichgesinnten Wegbegleitern und Oppositionellen gewährt der Film ebenso Einblicke in Erdogans persönlichen Wandel wie in die politische Entwicklung der Türkei. Welche Konsequenzen sich daraus für den Nahen und Mittleren Osten und die ganze Welt ergeben, versucht der Film zu erforschen.
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/erdogans-tuerkei-102.html

Von Demokratie zu Diktatur: Erdogans Türkei (ZDFinfo Doku)
https://www.youtube.com/watch?v=xEn8scL_HFE


DOKU: Türkei - Von Demokratie zur Diktatur? 2018/4K
https://www.youtube.com/watch?v=Q37uznzOY5A


Hintergrundinformation zur Dokumentation "Türkei - Von Demokratie zur Diktatur?"

Geschichte der Republik Türkei

Die Geschichte der Republik Türkei begann am 29. Oktober 1923 mit deren Ausrufung durch Mustafa Kemal Pascha und der Verlegung der Hauptstadt von Istanbul nach Ankara. Vorausgegangen war …  der … Zusammenbruch des Osmanischen Reiches im Ersten Weltkrieg


Reformen unter Atatürk

Im Laufe seiner Amtszeit führte Mustafa Kemal Atatürk tiefgreifende Reformen im politischen und gesellschaftlichen System durch, die die Türkei in einen modernen, säkularen und an Europa orientierten Staat verwandeln sollten. Im Jahre 1922 wurde das Sultanat abgeschafft und am 29. Oktober 1923 das Kalifat. Am 20. April 1924 trat eine neue Verfassung in Kraft, durch die unter anderem die religiösen Gerichte abgeschafft wurden. Im Jahr 1925 wurden im Zuge einer Hutreform der Fes (vorgeschriebene und bis dahin gebräuchliche osmanische Kopfbedeckung der Männer) verboten. Später wurde der Schleier (für die Frau) verboten und die Koedukation eingeführt. Im selben Jahr wurden sowohl die islamische Zeitrechnung und durch den Gregorianischen Kalender ersetzt. Zudem wurde das metrische System eingeführt.

Seite „Geschichte der Republik Türkei“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 15. Oktober 2018, 12:08 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Geschichte_der_Republik_T%C3%BCrkei&oldid=181812931 (Abgerufen: 4. Dezember 2018, 20:25 UTC)

In den folgenden Jahren wurden ganze Rechtssysteme aus europäischen Ländern übernommen und den türkischen Verhältnissen angepasst. 1926 wurde zunächst das Schweizer Privatrecht mit dessen Quellen – Zivilgesetzbuch und Obligationenrecht – und damit die Einehe, das Scheidungsrecht und die Gleichstellung von Mann und Frau übernommen.

Es folgten das deutsche Handelsrecht und das italienische Strafrecht. Durch Verfassungsänderungen in den Jahren 1928 und 1937 wurden Säkularisierung und Laizismus in der Verfassung verankert und 1928 die arabische Schrift durch die Lateinische ersetzt. Am 11. Dezember 1934 bekamen Frauen durch das Gesetz Nr. 2599 das aktive sowie passive Wahlrecht.

Die Grundlage Atatürks Handelns wurde nach seinem Tod als Ideologie des Kemalismus zusammengefasst, der auf sechs Prinzipien basiert: türkischer Nationalismus, Laizismus, Republikanismus, Etatismus, Revolutionismus und Populismus.

Die Reformen wurden von traditionalistischen Kräften nicht ohne Widerstand hingenommen.[…] 

Atatürks Reformen haben einen tiefgreifenden sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Wandel erreicht, der das Land bis heute prägt. 



Interventionen des Militärs

 

Das türkische Militär hat sich bis heute dreimal an die Macht geputscht (1960–1961, 1971–1973 und zuletzt 1980–1983), vorgeblich um die immer wieder auftauchenden politischen Krisen zu beenden.
Die Militärputsche von 1960 und 1980 führten jeweils zur Einführung einer neuen Verfassung (Türkische Verfassungen von 1961 und 1982). Die Verfassung von 1982 ist die gegenwärtig gültige.

1997 führte eine gewaltfreie Intervention des Militärs (man bediente sich dieses Mal des Nationalen Sicherheitsrates) zum Rücktritt der Regierung Necmettin Erbakan und zum Verbot dessen Wohlfahrtspartei (RP) 1998.

Seite „Politisches System der Türkei“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 9. November 2018, 17:57 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Politisches_System_der_T%C3%BCrkei&oldid=182606841 (Abgerufen: 4. Dezember 2018, 21:29 UTC)



Aus den Parlamentswahlen am 24. Dezember 1995 ging zum ersten Mal in der türkischen Geschichte eine islamistische Partei, die [reiligiös-konservative] Wohlfahrtspartei (RP), mit 21,38 % als stärkste politische Kraft hervor. Am 28.Juni 1996 bekam die RP am 28. Juni 1996 unter Necmettin Erbakan den Auftrag, die Regierung zu bilden.

Erbakans Politik stand in Widerspruch zu der von Atatürk begründeten laizistischen Staatsdoktrin, als deren Stützen sich vor allem die Militärs sahen. Im Nationalen Sicherheitsrat forderten die Generäle von Erbakan ein entschiedenes Vorgehen gegen islamistische Tendenzen. Am 28. Februar 1997 zwangen sie der Regierung einen entsprechenden Forderungskatalog auf, der unter anderem eine Verlängerung der Pflichtschulzeit auf acht Jahre umfasste. Am 30. Juni 1997 musste Erbakan zurücktreten, weil er diese Politik nicht umsetzen wollte. Dieser Prozess der schleichenden Entmachtung der Regierung Erbakan durch das Militär ohne Waffengewalt wird als „postmoderner“, „sanfter“ oder „stiller“ Putsch bezeichnet. Am 16. Januar 1998 wurde die RP vom Verfassungsgericht verboten und Erbakan mit Politikverbot belegt; an ihre Stelle trat die Tugendpartei FP (Fazilet Partisi), aus der die AKP, der Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung hervorging.


Seite „Geschichte der Republik Türkei“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 15. Oktober 2018, 12:08 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Geschichte_der_Republik_T%C3%BCrkei&oldid=181812931 (Abgerufen: 4. Dezember 2018, 20:25 UTC)



Recep Tayyip Erdoğan

 

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Recep Tayyip Erdoğan (2017)
Unterschrift von Recep Tayyip Erdoğan

Recep Tayyip Erdoğan (* 26. Februar 1954 in Istanbul) ist ein türkischer Politiker (AKP) und seit dem 28. August 2014 der zwölfte Präsident der Türkischen Republik. Von 1994 bis 1998 war er Oberbürgermeister von Istanbul. Im März 1999 trat er eine viermonatige Haftstrafe an. Von 2001 bis 2014 war er und seit Mai 2017 ist er wieder AKP-Vorsitzender. Von März 2003 bis August 2014 war er Ministerpräsident der Türkei, zuletzt mit seinem dritten Kabinett.

Nach einer anfänglichen Phase der Demokratisierung und wirtschaftlicher Reformen entfernt sich die Türkei unter Erdoğans Präsidentschaft seit Mitte der 2010er Jahre zunehmend von demokratischen und rechtsstaatlichen Standards. Das von ihm gestaltete System zielt auf den Ausbau seiner eigenen Macht. Nach dem Verfassungsreferendum von 2017 wurde mit der Präsidentschafts- und Parlamentswahlswahl im Juli 2018 das parlamentarische System in der Türkei mit weitgehend repräsentativem Präsidentenamt in ein Präsidialsystem umgewandelt.

Seite „Recep Tayyip Erdoğan“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 1. Dezember 2018, 09:55 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Recep_Tayyip_Erdo%C4%9Fan&oldid=183285638 (Abgerufen: 4. Dezember 2018, 19:57 UTC)

Erdoğan entstammt nach eigener Aussage einer imigrierten georgischen Familie aus Rize im Nordosten der Türkei, die sich im Großraum Istanbul niederließ.[1] Der Vater war Seemann und arbeitete als Küstenschiffer und bei der Türkischen Küstenwache.[2] Er nannte den Sohn nach seinem Geburtsmonat Recep, dem siebten Monat des islamischen Kalenders, und gab ihm mit Tayyip als zweiten Vornamen den Namen des Großvaters. 

Nach der Grundschule besuchte Erdoğan eine İmam-Hatip-Schule. Dies sind in der Türkei religiös orientierte Fachgymnasien. Der junge Erdoğan erhielt aufgrund seiner tiefen Religiosität den Spitznamen „Koran-Nachtigall“.[3] Die Schulausbildung schloss er mit einem Fachabitur für Imame ab.[4]

Parteiämter 

 

1984 rückte Erdoğan in den Vorstand der religiös-konservativen … Wohlfahrtspartei (RP), und wurde stellvertretender Vorsitzender.

Die Wohlfahrtspartei nominierte Erdoğan 1994 gegen den Willen Erbakans als Kandidaten für das Amt des Oberbürgermeisters von Istanbul. Er gewann überraschend die Wahl. 

Nach deren Verbot gehörte er bis zu seinem Austritt 1998 der nächsten Nachfolgepartei an, der Tugendpartei (FP). 2001 gründete er mit anderen ehemaligen Mitgliedern der Tugendpartei die Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP); zuletzt wurde er Ende September 2012 als Parteichef bestätigt.[9

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Gefängnisstrafe

 

Im Januar 1998 hatte das türkische Verfassungsgericht die Wohlfahrtspartei verboten  Ihr wurden Sympathien zum Dschihad und zur Einführung der Scharia vorgeworfen, was dem staatlichen Grundsatz des Laizismus widersprach.

Der Gründer der Wohlfahrtspartei, Necmettin Erbakan, wurde mit einem fünfjährigen Verbot politischer Betätigung belegt. Erdoğan wechselte daraufhin in die Nachfolgepartei Tugendpartei, in die fast alle Abgeordneten der bisherigen Wohlfahrtspartei eintraten.

Zwischen Erbakan und seinen Parteifreunden, einschließlich Erdoğan, und der türkischen Armee bestand ein tiefes gegenseitiges Misstrauen. Die Armee sah sich als Hüter der laizistischen Ordnung und als Wahrer der Prinzipien von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk. Sie steht für die strikte Trennung von Religion und Staat ein. Erdoğan hingegen verbittet sich jegliche Einmischung in politische Angelegenheiten und stellt klar bzw. postuliert, dass „der Generalstab der Befehlsgewalt des Ministerpräsidenten“ unterstehe.

 

Am 21. April 1998 wurde Erdoğan vom Staatssicherheitsgericht Nr. 3 in Diyarbakır wegen Aufstachelung der Bevölkerung zu Hass und Feindschaft unter Hinweis auf Unterschiede der Religion und Rasse nach Art. 312 Abs. 2, 59 Abs. 2 des damaligen türkischen Strafgesetzbuches zu zehn Monaten Gefängnis und einer „schweren Geldstrafe“ in Höhe von 716.666.666 Lira verurteilt. 

Anlass war eine Ende 1997 bei einer Versammlung in der ostanatolischen Stadt Siirt gehaltene Rede, in der er vermeintlich[15] aus einem Werk Ziya Gökalps zitiert hatte:

 

Minareler süngü, kubbeler miğfer,
Camiler kışlamız, müminler asker

 

Minarette [sind] Bajonette, Kuppeln [sind] Helme,
Moscheen [sind] unsere Kasernen, Gläubige [sind] Soldaten

 

 

Im März 1999 trat Erdoğan die Strafe an und wurde nach vier Monaten am 24. Juli 1999 wieder aus der Haft entlassen.[16] Manche Beobachter sind der Ansicht, er habe sich seinerzeit von seinem politischen Ziehvater Erbakan gelöst.[17] Kritiker werfen ihm und seiner AKP dagegen vor, sie wollten die „Herrschaft des Islam“ in der Türkei durchsetzen.[18]

Als die Tugendpartei am 22. Juni 2001 aus den gleichen Gründen wie ihre Vorgängerin verboten wurde, sammelte Erdoğan demokratische Reformkräfte unter den Religiösen und gründete wenig später die Gerechtigkeits- und Aufschwungpartei (AKP), die sich von den politischen Überzeugungen Erbakans deutlich absetzte.

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Wahlsieg 2002

 

Bei der Parlamentswahl 2002 errang er mit seiner AKP einen überragenden Wahlsieg, konnte allerdings aufgrund des bestehenden Politikverbots das Ministerpräsidentenamt nicht übernehmen. Nach der damaligen Rechtslage konnte nur ein Parlamentsabgeordneter zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Daher wurde sein Stellvertreter Abdullah Gül Ministerpräsident. Erst nach einer Verfassungsänderung, die sein Politikverbot aufhob, und der Annullierung der Wahl in der Provinz Siirt konnte er nachträglich als Abgeordneter ins Parlament einziehen. Er wurde am 12. März 2003 Ministerpräsident, Gül übernahm den Posten des Außenministers.

Anfänglich verabschiedete das Parlament weitgehende Reformen zur Demokratisierung des Landes. Die Todesstrafe wurde abgeschafft, die Meinungsfreiheit zunächst erweitert, der Kampf gegen die Folter verstärkt. Die Lage der Kurden wurde durch die Zulassung kurdischer Sprachkurse und TV-Programme verbessert. Auch betrieb Erdoğan zu dieser Zeit eine Annäherung an Armenien. Er lud die armenische Regierung ein, eine aus türkischen und armenischen Wissenschaftlern bestehende Historikerkommission zur Aufarbeitung des Völkermords an den Armeniern zu gründen, den er persönlich bestreitet.[19]

Außenpolitisch verfolgte Erdoğan nur am Anfang die weitere Annäherung der Türkei an die EU mit dem Ziel eines baldigen Beitritts, was im deutlichen Gegensatz zu seinen früheren Positionen stand.

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Als Proteste in der Türkei 2013 werden anhaltende Demonstrationen und Aktionen von Bürgern in der Türkei gegen die Regierung Recep Tayyip Erdoğans zusammengefasst. Die Protestwelle begann am 28. Mai 2013 in Istanbul mit Demonstrationen gegen ein geplantes Bauprojekt auf dem Gelände des Gezi-Parks, der unmittelbar an den Taksim-Platz angrenzt. Nach der Eskalation des Konfliktes infolge eines gewaltsamen Polizeieinsatzes am 31. Mai 2013 opponierten Demonstranten in mehreren türkischen Großstädten gegen die als autoritär empfundene Politik der islamisch-konservativen Regierungspartei Adalet ve Kalkınma Partisi (AKP).[1][2][3]

… In den Medien wurden die Proteste, in Anlehnung an den Arabischen Frühling, teilweise als Türkischer Frühling bezeichnet.[12][13][14] Diese begriffliche Analogie wird jedoch von verschiedenen Seiten zurückgewiesen[15][16][17][18] oder auf die Rolle der sozialen Netzwerke und Neuen Medien begrenzt.[4][19]

Neben Istanbul wurde besonders Ankara Schauplatz anhaltender Proteste und gewalttätiger Auseinandersetzungen mit der Polizei, insbesondere am Kızılay-Platz, im Kuğulu-Park und im Dikmen-Viertel.[20][21][22]

Der TTB registrierte über 8100 Verletzte,[32] die türkischen Sicherheitsbehörden 4329, darunter 697 Polizisten.[7][28]

Von mehr als 5000 Personen, die verhaftet wurden, sollen nach Angaben türkischer Sicherheitsbehörden fast 80 Prozent Aleviten gewesen sein.[7][28][25] 


Korruptionsskandal vom Dezember 2013

 

Im Dezember 2013 geriet die von Erdoğan gebildete Regierung in einen Korruptionsskandal. Türkische polizeiliche Ermittlungsbehörden verhafteten aufgrund dessen unter anderem die Söhne des Innenministers Muammer Güler, des Europaministers Egemen Bağış, des Wirtschaftsministers Zafer Çağlayan und des Umweltministers Erdoğan Bayraktar. In den folgenden Tagen traten alle vier von ihren Ämtern zurück. Eine große Anzahl von polizeilichen Ermittlern wurden auf Druck der Regierung Erdoğan entlassen.[24]

Am 25. Februar 2014 wurde in den türkischen Medien ein Telefongespräch veröffentlicht, das zwischen Erdoğan und seinem zweiten Sohn Necmeddin Bilal am 17. Dezember 2013 stattgefunden haben soll. Ministerpräsident Erdoğan nennt es eine Fälschung. Demgegenüber ist die Opposition in der Türkei zu der Überzeugung gelangt, dass das Telefongespräch echt sei. In diesem Telefongespräch weist Erdoğan seinen Sohn an, Gelder so schnell wie möglich aus dem Haus zu schaffen.[25]

 

Mutmaßliche Gegenspieler in dieser Affäre

 

Erdoğan selbst vermutet bei diesen Korruptionsvorwürfen eine Verschwörung des muslimischen Predigers Fethullah Gülen. Dessen Gülen-Bewegung, die von Erdoğan zwei Jahre später auch für den Putschversuch 2016 verantwortlich gemacht wurde, versuche schon seit 2014 und davor, einen „Staat im Staate“ zu bilden, und wolle ihm und der AKP vor der Kommunal- oder Präsidentschaftswahl am 30. März 2014 schaden.[26] Auch viele Beobachter nehmen Fethullah Gülen als Erdoğans Gegner und eigentlichen Drahtzieher der Korruptionsaffäre an.[27]

 

Veröffentlichung von Telefonaten ab Februar 2014

 

Ab Februar 2014 folgte die Veröffentlichung zweier weiterer Telefongespräche von Erdoğan, deren Authentizität Erdoğan eingestand. In dem einen Telefongespräch weist Erdoğan seinen Justizminister an, für ein hartes Gerichtsurteil gegen den regierungskritischen Medienunternehmer Aydın Doğan zu sorgen. Doğan wurde jedoch vom Vorwurf der Steuerhinterziehung vor Gericht freigesprochen, worüber sich Erdoğan empörte. In dem anderen Telefongespräch fordert Erdoğan den Präsidenten der Kammer der Schiffswirtschaft auf, gegen die Auftragsvergabe zum Bau von Kriegsschiffen an eine zur Koç Holding gehörenden Werft zu protestieren. Erdoğan sieht auch den Großindustriellen Mustafa Koç als seinen Gegner.[28]

Seite „Recep Tayyip Erdoğan“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 1. Dezember 2018, 09:55 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Recep_Tayyip_Erdo%C4%9Fan&oldid=183285638 (Abgerufen: 4. Dezember 2018, 19:57 UTC)




Can Dündar (* 16. Juni 1961 in Ankara) ist ein türkischer Journalist, Dokumentarfilmer und Buchautor. Der auch als TV-Moderator arbeitende Kolumnist und ehemalige Chefredakteur der Zeitung Cumhuriyet wurde 2015 der Spionage angeklagt und festgenommen. Am 6. Mai 2016 wurde Dündar der Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen für schuldig befunden. Er wurde zu fünf Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Dündar legte Revision ein, das Urteil ist nicht rechtskräftig. Laut Anadolu kassierte das höchste türkische Revisionsgericht das Urteil am 9. März 2018 als zu milde.[1] Dündar lebt und arbeitet zurzeit in Deutschland.


Dündar und die Cumhuriyet berichteten am 29. Mai 2015 unter der Überschrift „İşte Erdoğan'ın yok dediği silahlar“ („Hier sind die Waffen, die Erdoğan leugnet“[15]) über Munition, die der türkische Geheimdienst MIT im Jahr 2014 per LKW ihrer Meinung nach an islamistische Milizen in Syrien geliefert hat.[16][17][18]

Unmittelbar danach stellte Präsident Erdoğan persönlich gegen Dündar Strafanzeige wegen des Verdachts auf Spionage und forderte darin lebenslange Haft. Erdoğan sprach von Beleidigung und übler Nachrede gegen den Geheimdienst und drohte öffentlich, Dündar werde einen hohen Preis für seinen Bericht bezahlen.[18] Aber erst nachdem die AKP am 1. November 2015 im Parlament die absolute Mehrheit zurückerlangt hatte, begann Dündars Verfahren. Am 26. November 2015 wurde Dündar ... festgenommen. Mit den Berichten über Waffenlieferungen des Geheimdienstes MIT an syrische Extremisten seien zudem Staatsgeheimnisse verbreitet worden.[19]

Die Festnahmen Güls und Dündars stießen auf breite internationale Kritik, so sprach die Europäische Kommission von einer „beunruhigenden Situation“.[20] Der amerikanische Außenminister John Kerry ließ verlautbaren, er sei sehr beunruhigt.[21] 

Am 25. Februar 2016 erklärte das türkische Verfassungsgericht die Verhängung der Untersuchungshaft gegen Dündar … für nicht rechtens; die beiden wurden daraufhin am 26. Februar 2016, nach drei Monaten Untersuchungshaft, entlassen.[27] Erdoğan kritisierte die Entscheidung des Verfassungsgerichts mit den Worten: Ich sage es offen und klar: Ich akzeptiere das nicht und füge mich der Entscheidung nicht. Ich respektiere sie auch nicht.[28]

Der Cumhuriyet-Prozess begann am 25. März 2016. Am 25. April wurde Dündar wegen „Beleidigung des Staatspräsidenten“ zu einer Geldstrafe von etwa 29.000 Türkischen Lira (9.000 Euro) verurteilt.
Dündars Anwalt Utku bestritt die Vorwürfe und kündigte Rechtsmittel an. In dem inkriminierten Artikel hatte Dündar den AKP-Korruptionsskandal aus dem Jahr 2013 thematisiert.[29] Damals waren mehrere Minister der AKP-Regierung, deren Söhne und Bilal Erdoğan in Verdacht geraten, in Korruptionsfälle verwickelt zu sein; drei Minister waren zurückgetreten. Während Dündar am 6. Mai 2016 auf die Urteilsverkündung wartete, wurde ein Schusswaffenattentat auf ihn verübt. Dündars Frau und dessen Anwalt konnten den Attentäter überwältigen, Dündar wurde nicht verletzt. Das Gericht hob das Ausreiseverbot gegen Dündar und Gül auf.[30][31] Dündar legte Revision beim Kassationshof ein. Anfang Juli 2016 reiste er aus der Türkei nach Deutschland aus.[32] Der Attentäter wurde im Oktober aus der Untersuchungshaft entlassen.

Nach dem Putschversuch in der Türkei 2016 kündigte Dündar am 15. August 2016 an, er werde sich nach seiner Verurteilung zu knapp sechs Jahren Haft vorerst nicht der türkischen Justiz stellen. Er wolle aber kein politisches Asyl beantragen, sondern zurück in die Türkei.[33] 

Seite „Can Dündar“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 29. September 2018, 07:23 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Can_D%C3%BCndar&oldid=181324475 (Abgerufen: 4. Dezember 2018, 21:27 UTC)


Der Putschversuch in der Türkei 2016 in der Nacht vom 15. auf den 16. Juli 2016 war ein gescheiterter Putsch von Teilen des türkischen Militärs, der zum Ziel hatte, die türkische Regierung mit Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan und dem Kabinett Yıldırım (AKP) zu stürzen. Der Putschversuch führte zu erhöhten Sympathien des Volkes gegenüber Präsident Erdoğan. Er gilt als eine der Ursachen für das am 9. Juli 2018 errichtete Präsidialsystem.

Manche Kritiker erachten den Putschversuch als Vorwand für Entlassungen in Justiz, Militär, Verwaltung und anderen Institutionen, die danach im Zuge umfassender Säuberungen in der Türkei stattfanden.

Es handelt sich um den blutigsten Putsch in der Geschichte der Türkei.[24][25] Nach offiziellen Angaben fanden 249 Menschen den Tod, wobei es sich bei den meisten um Zivilisten handelte.[26][27] Einige Medienberichte weichen bei der Zahl der Opfer von der offiziellen Darstellung ab. Beispiel: Bei dem Putschversuch sollen 173 Zivilisten, 62 Polizisten und 5 Soldaten getötet worden sein

Seite „Putschversuch in der Türkei 2016“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 4. Dezember 2018, 21:29 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Putschversuch_in_der_T%C3%BCrkei_2016&oldid=183410793 (Abgerufen: 4. Dezember 2018, 21:42 UTC)


Nach dem Scheitern des Staatsstreichs wurden Armee und andere staatliche Institutionen radikalen Maßnahmen unterzogen. Mehr als ein Drittel der Offiziere im Generals- und Admiralsrang wurden verhaftet, 3.185 der insgesamt rund 600.000 Armeeangehörigen unehrenhaft entlassen (Stand August 2016).[39] Anders als bei vorangegangenen Militärputschen in der Türkei gaben die Putschisten ihre Identität nicht zu erkennen und benannten auch keine Anführer. Vielmehr gaben sie an, im Namen eines „Rates des Friedens in der Heimat“ zu handeln.[25]

Staatliche Stellen beschuldigen die Gülen-Bewegung, die als FETÖ („Fethullahistische Terror-Organisation“)[Anm. 2] bezeichnet wird und vom Imam Fethullah Gülen gesteuert sein soll, den Staatsstreich initiiert zu haben.[39]

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