Sozistunde 12035 - Die Grünen und die AfD - die beiden neuen Hauptpole im deutschen Parteiensystem?


Unterrichtsmaterial: Sk 12030 Modelle der Wahlforschung und der Parteienforschung

Politbarometer – Demoskopie – Ann-Arbor-Modell – Cleavage-Theorie – Soziale Milieus – Begriff der Volkspartei – Niedergang der Volksparteien – Phasen in der Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems- Fluides Fünfparteiensystem    
Download: PDF:  https://drive.google.com/open?id=1lTQoMvDYbNa33yjfVxEJSeKKtzMzZI7h



„Neustart ohne Merkel – wer wird gewinnen und wer verlieren?“ fragt ein 75-minütiges „maybrit illner spezial“ vom 15. November 2018.

Im November 2018 abrufbar unter der folgenden URL: 

https://www.zdf.de/politik/maybrit-illner/maybrit-illner-spezial-neustart-ohne-merkel-wer-wird-gewinnen-und-wer-verlieren-vom-15-november-2018-100.html


"Maybrit Illner spezial": Neustart ohne Merkel – wer wird gewinnen und wer verlieren? (15.11.2018)

https://www.youtube.com/watch?v=QTeVLzVhVAE

Video ist unter der o.g. URL nicht mehr verfügbar!
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[Sendeminute 29:30] Sprecherstimme:

Klare Kante gewinnt. Sowohl AfD als auch Grüne im Höhenrausch. Paradoxerweise mit diametral entgegen gesetzten Antworten auf die Globalisierung. Während die Grünen weiter Flüchtlinge aufnehmen wollen, will die AFD die Grenzen dicht machen. Konsequenter Klimaschutz bei den Grünen auch im nationalen Alleingang. Bei der AfD: „Freie Fahrt für freie Bürger“ und kein Bedarf für Klimaschutzpolitik. Win-Win durch klares Kontrastprogramm. Die Grünen schießen in Umfragen hoch auf über 20 Prozent und die AfD zieht fast gleich der SPD.

 

[Sendeminute 30:10] Maybrit Illner:

 

Frau Göring-Eckardt, beginnen wir vielleicht einmal mit diesem Umweltthema: Klimakatastrophe, Atomtod, Plastik in den Lebensmitteln. Lebt nicht auch die Partei der Grünen in der Tradition von Angst machen?     

 

 

 

Kathrin Göring-Eckardt (Die Grünen)

 

Ja, das hat ja nichts mit Angst machen zu tun, das ist ja Realität. Wir leben davon, dass wir die Realität benennen und das macht im Moment niemand anders. Alle reden ein bisschen über Klimaschutz, weil man gemerkt, dass treibt die Leute um: Vier von fünf Deutschen sagen: Wir wollen mehr Klimaschutz und es ist ja ernst. Es ist international ernst aber es ist auch in diesem Sommer jedem zu Hause klar geworden, mit Hitze, mit Dürre und mit Mikroplastik im Essen, das möchte halt niemand. Und das möchte auch niemand, dass das Wasser nicht mehr sauber ist, dass die Luft stinkt, das möchte niemand mehr. Da geht es um Alltag und da geht es nicht um Angst machen. Da geht es darum, dass wir radikal benennen, wie die Realität ist und dann zu sagen, wie es gehen kann. Ich glaube, dass die Leute und zutrauen, dass wir für alles das eine vernünftige Lösung haben und Verantwortung übernehmen. .   .

 

Sendeminute 31:20] Maybrit Illner:

 

Herr Gauland, die AfD sagt jetzt interessanterweise: „Kein Diesel ist illegal! 

 

 

 

Alexander Gauland (Bundesvorsitzender der AfD)  

Das habe ich noch gar nicht gehört!

 

 

 

[Sendeminute 31:36] Maybrit Illner:

Das klingt ein bisschen nach: „Ich geb‘ Gas, ich hab Spass.“ Ist es nicht sehr 80er Jahre, glauben Sie, wenn Sie auf die Welt schauen.

 

Alexander Gauland (Bundesvorsitzender der AfD)  

 

Nein, 80er Jahre glaube ich gar nicht! … Es ist natürlich Unsinn, wenn man uns „Klimaleugner“ nennt. … Natürlich gibt es einen Klimawandel, dass ist völlig klar.

 

Aber es muss erstmal jemand erklären: Deutschland stößt zwei Prozent des Kohlendioxids in der Welt aus. Und nun müssen wir mir erklären, wie mit dieser Energiewende, die uns alle sehr viel Geld kostet. zwei Prozent irgendeinen Einfluss auf das Klima haben …

 

Wir glauben, … das inzwischen eine „Klimahysterie“ ausgebrochen ist. Und wenn ich mir diese sich häufenden Fahrverbote ansehe - jetzt hat man auch Stadtautobahn in Essen oder wo gesperrt -   dann ist das, Entschuldigung, schlichte Hysterie. … Wir vertreten Wähler, die das auch so sehen und von daher sind wir, in der Tat, da haben Sie völlig Recht, das absolute Gegenteil von den Grünen. Wir sind sozusagen völlig die andere Seite. Man kann fast sagen: Wenn ich das grüne Programm nehme, ist bei uns immer das Gegenteil richtig.

 

 

 

[Sendeminute 32:56] Maybrit Illner:

 

Und bevor wir darüber diskutieren nochmal die Frage: Sie waren sich nicht so sicher, ob es eigentlich einen menschengemachten Klimawandel gibt, darüber wollten Sie noch einmal nachdenken. Sind Sie mittlerweile zu einer Auffassung gekommen, ob die … Klimaproblem der Welt auch menschengemacht sind?

 

 

 

Alexander Gauland (Bundesvorsitzender der AfD)  

 

Wir sind sehr skeptisch, dass die Menschen einen entscheidenden Einfluss auf das Klima haben, sondern natürliche Dinge haben auf das Klima einen viel größeren Einfluss. Das können sie ja auch erdgeschichtlich sehen. Wir hatten ja schon ganz andere Klimazonen überall in der Welt und wir wissen alle, das Europa mal bedeckt war von einem Urwald.   

 

Wir hatten also andere Klimazonen und nun stellt sich nur die Frage: Ist das, was in der Industrialisierung begonnen hat, nun so entscheidend? Und da haben wir große Zweifel, das sehen wir nicht so und dazu kommt,    

 

 

 

[Sendeminute 33:30] Maybrit Illner:

 

Auch wenn 95% der Wissenschaftler das glatte Gegenteil sagen? ...

 

 

 

Alexander Gauland (Bundesvorsitzender der AfD)  

 

Es gibt eine Menge Leute, die das auch anders sehen! Ich weiß, da kann man darüber streiten!   

 

Aber noch mal: Selbst wenn ich das akzeptiere, müssen Sie mir erklären, wie aus zwei Prozent, das wir Deutsche CO2 ausstossen, in irgendeiner Weise den Klimawandel – sei er nun zum Teil vom Menschen gemacht oder nicht, beeinflussen kann. 

 

 

 

Maybrit Illner:

 

Aber, interessant: „Selbst wenn ich das akzeptiere“ heißt: Sie akzeptieren, das das menschengemacht ist, dass es eine Verschärfung aller Klimaprobleme gegeben hat mit der Industrialisierung. [Das] bezweifeln Sie nicht mehr?       

 

 

 

Alexander Gauland (Bundesvorsitzender der AfD)  

 

Wir bezweifeln es, ja, [Der Einfluss der] Industrialisierung ist so minimal, das wir nicht glauben, das mit einer solchen Politik den Klimawandel ändern kann.           

 

_________________________________________

 

[Sendeminute 45:24] Maybrit Illner:

 

Und dennoch war der Klimawandel natürlich ein Gewinnerthema der Grünen. Ein anderes Gewinnerthema der AfD, Herr Gauland war die Flüchtlingspolitik. Die Grünen wollen da … auch da das glatte Gegenteil von dem was Sie wollen und sie sind in den Umfragen momentan wirklich stärker wie sie. Besorgt Sie das?

 

 

 

[Sendeminute 45:40] Alexander Gauland (Bundesvorsitzender der AfD)  

 

Nein, das besorgt mich nicht. Es gibt eine gesellschaftliche Spaltung zwischen Menschen, die in Gegenden wohnen, wo das Problem Ausländer keine Rolle spielt, wo die Zuwanderer, die in den unteren Arbeitmarkt drängen, auch keine Rolle spielen, das gibt es!

 

Ich hab´ ja mal versucht, vor kurzem in der FAZ in einem Beitrag, diese Spaltung in unserer Gesellschaft deutlich zu machen. Das Problem der SPD ist halt, dass sie nicht genau weiß, für wen sie Politik macht: Für die „kleinen Leute“ oder eher für diese globalen Eliten. Frau Göring-Eckardt macht für die globalen Eliten Politik.  

 

 

Während der Verhandlungen über die Große Koalition war das Thema, das die SPD bewegt hat, wie viele Menschen aus Syrien Familiennachzug erhalten können. Glauben Sie wirklich, dass ein Facharbeiter bei Ford oder einer Verkäuferin bei Aldi interessiert, wie viele Menschen aus Syrien ihre Familienmitglieder nachholen können? Das glaube ich nicht, das ist das Problem der SPD!  Sie muss Politik für die Menschen machen, auch wenn es unbequem ist … und auch wenn Sie [sich diesen] Thesen, Frau Göring-Eckhardt,  auch mal entgegenstellen [muss].

 

 

 

[Sendeminute 47:24] Maybrit Illner:

 

Haben Sie, Frau Göring-Eckardt, für sich das Gefühl, dass die Regierung eben erst zu spät das Flüchtlingsproblem als solches erkannt … und dann auch zu spät „Stopp!“ gesagt hat?  Sind Sie sich da mit Herrn Gauland vielleicht sogar einig?   

 

 

 

Kathrin Göring-Eckardt (Die Grünen)

 

Also zu spät erkannt, ja! Das hat ja die Bundeskanzlerin selber inzwischen mehrfach zugegeben. … Man hätte viel besser vorbereitet sein können. Und als es passiert ist, … dann hat die Bundesregierung immer versucht, irgendwie rumzueiern und nicht das zu tun, was eigentlich viele Menschen im Land gemacht haben, nämlich es anzupacken …
Und ich bin anderer Meinung als Herr Gauland. Ich glaube schon, dass eine Facharbeiterin und eine Aldi-Verkäuferin, sich Gedanken darüber macht, dass Menschlichkeit in unserem Land herrschen soll. Und wenn die weiß: Ich habe meine Familie hier und es ist schwer genug, wenn ich Verkäuferin bin und womöglich in getrennten Schichten arbeiten muss und am Ende des Monats nicht mehr viel Geld übrig habe, aber wenn die sich vorstellt, dass sie hier lebt und der Rest der Familie lebt im Krieg und sie weiß nicht mal, was mit ihren Kindern gerade los ist, und sie leben getrennt über Monate und über Jahre und wir haben ihnen versprochen: In zwei Jahren ist das vorbei, dann könnt ihr eure Familien nachholen. Und dann wird ein Versprechen nicht eingehalten. Das versteht jede Verkäuferin und das versteht jeder Facharbeiter und da geht es darum, dass wir Ordnung auf der einen Seite mit Humanität auf der anderen Seite verbinden. Und das wir nicht Angstmacher betreiben. Sie tunn nämlich gar nichts für die Leute, von denen sie da reden. Sie tun überhaupt nichts für sie. Sie kuscheln mit den Nazis, sie hetzen über Muslime ... Wir werden nicht Ruhe lassen, bis wir nicht dafür gesorgt haben, dass sie Millimeter mehr die Demokratie in diesem Land gefährden.