Sozistunden 12041 - Die Krise der Volksparteien - Maybrit Illner Spezial vom November 2018


Unterrichtsmaterial: Sk 12030 Modelle der Wahlforschung und der Parteienforschung

Politbarometer – Demoskopie – Ann-Arbor-Modell – Cleavage-Theorie – Soziale Milieus – Begriff der Volkspartei – Niedergang der Volksparteien – Phasen in der Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems- Fluides Fünfparteiensystem    
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Krise der VolksparteienUnterrichtsmitschrift von Björ Oldach (KE12) am 4.12.2018  

Krise der VolksparteienUnterrichtsmitschrift von Björ Oldach (KE12) am 10.12.2018  


Krise der VolksparteienUnterrichtsmitschrift von Björ Oldach (KE12) am 11.12.2018  


Schaubilder aus der Maybrit-Illner-Sendung vom 15.11.2018 





 

Neustart ohne Merkel – wer wird gewinnen und wer verlieren?“ fragt ein 75-minütiges „Maybrit Illner spezial“ vom 15. November 2018.

 

https://www.zdf.de/politik/maybrit-illner/maybrit-illner-spezial-neustart-ohne-merkel-wer-wird-gewinnen-und-wer-verlieren-vom-15-november-2018-100.html

 

 

[Sendeminute 0:00] Maybrit Illner:

 

Einen schönen guten Abend, herzlich willkommen im Zweiten Deutschen Fernsehen … zu dieser Spezialsendung mit einem etwas weiter gespannten Bogen.

 

Vor gut einem Jahr hat Deutschland gewählt. Seit gut einem halben Jahr hat es eine Regierung. Und schon sieht es wieder so aus, als würden die Karten neu gemischt.

 

Mit ihrem angekündigten Abschied hat Angela Merkel für heftige Bewegung gesorgt. Vor allem in ihrer Partei, aber nicht nur dort. Die Wahlverlierer – Union und SPD – träumen plötzlich wieder zur Rückkehr zu alter Größe. Die Gewinner – AfD und Grüne - würden ihre guten Umfragewerte zu Wahlergebnissen im Bund machen. Ist das jetzt die Chance für einen politischen Neustart? – Wer darf ihn hoffen, wer muss ihn fürchten? Für diese Fragen nehmen wir uns heute ein bisschen mehr Zeit …

 

Und damit sind wir bei der ersten Frage. Die einen sind im Höhenflug und Union und SPD

 

Waren zuletzt im Sinkflug – oder sogar im Sturzflug?

 

 

 

[Sendeminute 2:00] Sprecherstimme:

 

Erleben wir die endgültige Kernschmelze deutscher Volksparteien? … Verluste für Union und SPD, egal ob aus Regierungsverantwortung oder Opposition heraus.

 

Das „Große“ in „Große Koalition“ ist längst Nostalgie aus früheren, besseren Zeiten. In SPD und CDU wird derzeit viel fabuliert über Neuanfang, Erneuerung, Aufbruch. Die Union versucht es mit neuen Gesichtern, die SPD mit der viel beschworenen Sachpolitik.

 

Ob das die Volksparteien retten kann? Auch bei den Mitgliederzahlen gilt: Union und SPD droht die Kernschmelze.

 

 

 

[Sendeminute 2:40] Maybrit Illner:

 

Tja, liebe Zuschauer: Die Sozialdemokraten haben es überall in Europa schwer, aber warum hat auch die Union, die Kanzlerpartei, bei den letzten Wahlen so heftig verloren? Darüber will ich mit … Gästen sprechen, die sich gut auskennen … : Zum einen Dirk Metz. (Kommunikationsberater heute) - Sie waren der Sprecher von Roland Koch. Dirk Metz, in der CDU wird jetzt über eine bleierne Zeit gesprochen, die mit Angela Merkel über der Partei lag. Was war bleiern und wovon hat Angela Merkel ihre Partei abgehalten …?

 

 

 

[Sendeminute 2:40] Dirk Metz:

 

Ja, ich glaube, man hat von außen betrachtet den Eindruck gehabt, dass die letzten Jahre da überhaupt nicht mehr diskutiert worden ist, dass die Dinge die von oben vorgegeben worden sind und eigentlich keine streitigen Diskussionen mehr stattgefunden haben.

 

[Eine] Volkspartei - auch die CDU - lebt davon, dass sie die großen Themen diskutiert, dass sie die Meinungen bündelt, dass sie zu Entscheidungen kommt… . Davon lebt ihre Attraktivität und wenn sie das nicht mehr hinkriegen, dann haben sie ein Problem. Die Volksparteien müssen das leisten, in allen Städten und Gemeinde, im Land, aber eben auch im Bund. …

 

 

[Sendeminute 4:00] Maybrit Illner:

 

Frank Strauss - Strategieberater der SPD - sie haben große Wahlkämpfe für die SPD organisiert, zuletzt in Hessen … Könnte es auch bei der SPD das Ende einer bleiernen Zeit geben?

 

   

Frank Stauss:

 

Ja, so bleiern ist sie ja nicht und man kann auch nicht der SPD vorwerfen, dass sie nicht diskutieren würde. Was wir feststellen ist tatsächlich, dass … die beiden Parteien, die in der Großen Koalition sind, gemeinsam … verloren haben. Das war schon in … in der … Frage der Grenzsicherung … und zuletzt auch … [beim] Dieselkompromiss, der so viele Millionen Menschen verunsichert hat [erkennbar]. Diese …Themen, in einer Medienzeit wie unserer, die überlasten alles, die überdauern alles und die hauen dann voll ins Kontor …

 

 

[Sendeminute 8:50] Maybrit Illner:

 

Braucht es auch einen Kurswechsel in der CDU, Dirk Metz?

 

  

[Sendeminute 9:00] Dirk Metz:

 

Ich weiß nicht ob Kurswechsel der richtige Ausdruck ist, aber …die [neuen] Kandidaten [für die Nachfolge von Frau Merkel] angeguckt haben, sie verkörpern … Aufbruchstimmung und damit kommt, denke ich, neuer Schwung in die deutsche Politik hinein, es ist ja auf einmal wieder spannend sich mit Politik zu beschäftigen. Es ist auf einmal wieder spannend, sich mit Politik zu beschäftigen … Das bringt auch Schwung in politische Themen hinein, Politik wird auf einmal wieder spannend und das glaube ich, dass das insgesamt Deutschland und der deutschen Politik gut tut. Denn Probleme gibt es genug, die gelöst werden sollten und wer sie soll sie nicht als allererstes lösen, [wenn nicht] die beiden noch immer großen Volksparteien, die unterschätzt werden, aber es gibt sie in jeder Stadt, in jeder Gemeinde, sie sind tief verwurzelt im gesellschaftlichen Leben. .. Bei allen Veränderungen struktureller Art - weniger Bindung an die Kirchen, weniger Bindung an die Gewerkschaften - … wäre ich [trotzdem] vorsichtig, dass Ende der Volksparteien herbeizurufen. Da mache ich mir eher den Satz des früheren österreichischen Nationalspielers Toni Polster zu eigen: „Ich bin Optimist – sogar meine Blutgruppe ist positiv.

 

 

[Sendeminute 9:50] Maybrit Illner:

 

Ok, und dann sind wir bei der Frage noch mal auf die Große Koalition. Die beiden Parteien, - CDU und SPD - wurden immer weniger unterscheidbar – lag das nur an der Großen Koalition?

 

  

[Sendeminute 10:00] Frank Strauss:

 

… Das ist natürlich auch eine gesellschaftliche Entwicklung, dass muss man sehen: Die CDU hat ja in diesen Jahren sehr viel konservativen Ballast über Bord geworfen, sagen wir mal: ihr Verhältnis zur Atomkraft, die Abschaffung der Wehrpflicht, die Öffnung der Ehe …
[Dies geschah,] weil die Gesellschaft - bis auf wenige Ausnahmen - sich in diese Richtung entwickelt… Die Große Koalition [war] …immer nur eine Ausnahmeerscheinung - zuvor hatten wir ja nur einmal eine für drei Jahre in den sechziger Jahren. Jetzt ist das die dritte Auflage innerhalb von vier Legislaturperioden und natürlich bringt die Leute das durcheinander: Zumal wir wissen, das natürlich auch die Mediensituation in der wir uns befinden, dazu führt, dass die Leute immer weniger detailliert auf Politik schauen und wenn dann welche jetzt im Prinzip seit drei Legislaturenperioden miteinander regieren, dann verschwimmt da alles.
Der andere Punkt ist natürlich: Wenn man eine Große Koalition macht, dann muss die natürlich große Ansprüche haben und auch Großes leisten, und das ist ja nicht das Gefühl, das gerade herrscht, eben durch die Symbolthemen [Flüchtingskrise, Dieselkompromiss ...], die ich gerade angesprochen habe.

 

 [Sendeminute 11:10] Maybrit Illner:

 

… Und da sind wir bei der nächsten Frage: Sozialdemokraten erwarten jetzt einen Rechtsruck der CDU, Herr Merz …

 

[Sendeminute 11:15] Dirk Metz:

 

Nicht Merz! … Ich heiße weder Merz noch Spahn und ich heiße auch nicht Kramp-Karrenbauer …

 

[Sendeminute 11:22] Maybrit Illner:

 

… Das stimmt und das müssen wir auch noch einmal klarstellen, Herr Metz.

 

Die [CDU] erwartet einen Linksruck der SPD und die SPD wiederum erwartet, dass es einen Rechtsruck der CDU gebe – glauben Sie das auch?

 

 

[Sendeminute 11:32] Dirk Metz:

 

Ich glaube, dass alle drei Kandidaten [für die Nachfolge Angela Merkels als CDU-Parteivorsitzende] ... wissen, das Wahlen in der Mitte gewonnen werden, alle drei Kandidaten gucken ja auch, dass sie ihr Profil ein bisschen schärfen, das klar ist das jeder die große – wie Friedrich Merz gesagt hat die stolze Volkspartei CDU – verkörpern will … Ich glaube, dass im Koordinatensystem sich gar nicht so viel verschiebt. Sicherlich hängt viel vom Auftritt ab, von der Statur und da sind die drei Kandidaten schon sehr unterschiedlich.

 

Ich würde gerne noch ein ergänzen zu dem, was Stauss eben gesagt hat: Wir haben das Problem, das die Große Koalition jetzt schon so lange dran ist, dass eine große Koalition nur kleine Kompromisse zusammenbringen kann. Und dadurch, dass die Wahlergebnisse in den letzten Jahren so waren, wie sie gewesen sind, dass also beide große Parteien Abschmelzungseffekte bekommen haben, haben wir auch Koalitionsbildungen in den Ländern, wo zwei oder drei Parteien sind, wo es dann eben sehr schwer fällt. Parteien, die man gar nicht für koalitionsfähig gehalten hätte, kommen nun zusammen, zum Teil drei auf einen Schlag … und müssen Kompromisse machen und das kann immer nur ein kleiner sein.

 

 

 

 

 

[Sendeminute 19:58] Maybrit Illner:

 

… Damit sind wir bei Paul Ziemiak. Herr Ziemiak, eine CDU, die ihr konservatives Profil schärft, wäre das eine CDU, die es auch schafft, Wähler der AfD wieder zurückzuholen?

 

 

 

Paul Ziemiak (Mitglied im Bundesvorstand der CDU, Vorsitzender der Jungen Union):

 

Ich glaube, was uns ja immer ausgemacht hat als Volkspartei war, dass wir die ganze Bandbreite abgedeckt haben. Das Christlich-Soziale, das Liberale und eben auch das Konservative, das dürfen wir nicht vergessen.

 

Unser Problem war aber vielmehr in den letzten Wochen und Monaten, wie sich diese Bundesregierung dargestellt hat … Wir müssen über die Probleme sprechen. Wir sollten auch nicht diejenigen, die die AfD-Wählern beschimpfen, sondern uns überlegen, was haben wir falsch gemacht, das die Leute sogar sagen, dann muss ich die sogar wählen, um Euch zu zeigen, wir sind mit dem, was ihr gemacht habt, nicht einverstanden. …

 

 

 

[Sendeminute 21:26] Maybrit Illner:

 

Haben Sie davor Respekt oder sogar Angst, Herr Gauland, dass wenn die Konservativen eine Heimat in der Union finden – was ist dann ihr Alleinstellungsmerkmal?

 

 

 

Alexander Gauland (Bundesvorsitzender der AfD)

 

Davor habe ich gar keine Angst, denn natürlich haben wir auch immer gesagt, langfristig muss auch die AfD Verantwortung übernehmen und das ginge nur mit einer ins Vernünftige gewendeten CDU.

 

 

 

Paul Ziemiak (Mitglied im Bundesvorstand der CDU, Vorsitzender der Jungen Union):

 

Aber die AfD ist keine konservative Partei, das will ich mal an dieser Stelle sagen. Die AfD ist … ein Sammelbecken von Rechtsradikalen, ein Sammelbecken von Protestwählern.

 

Wir müssen uns bemühen, einen Teil dieser [Protest]Wähler wieder für uns zurück zu gewinnen. Aber konservativ ist für mich ein Kompliment, und das würde ich der AfD niemals machen.

 

 

 

[Sendeminute 22:20] Alexander Gauland (Bundesvorsitzender der AfD)

 

Wir haben diese Ergebnisse, weil Sie – wie Sie ja gerade eben völlig zu Recht gesagt haben, die Wähler sozusagen im Stich gelassen haben. Und (eben sah ich eben auch Herrn Jung): Die asymmetrische Wählerdemobilisation der CDU war der Anfang vom Ende.

 

Das ist völlig klar. Natürlich sind wir Protestpartei auch, da kann von rechtsradikal gar keine Rede sein.

 

 

 

[Sendeminute 23:00] Maybrit Illner:

 

… Ich mach mal einen Vorschlag … er ist angesprochen worden eben … ich marschiere mal eben zum Luftholen zu Andreas Jung eben von der Forschungsgruppe Wahlen. Herr Jung nun sind Sie hier schon eben annotiert worden. Sie haben tatsächlich eine interessante [als asymmetrische Demoblisierung bezeichnete] Strategie erfunden, so heißt es, seit 2009, die ungefähr besagt, den politischen Gegner nicht zu sehr zu provozieren und damit ihn eben auch nicht auf die Palme zu treiben und damit gleichzeitig in die Wahllokale …

 

War das ein Fehler, unter dem am Ende beide Parteien gelitten haben, beide Volksparteien?

 

 

 

 

 

[Sendeminute 23:20] Matthias Jung (Forschungsgruppe Wahlen):

 

Nein, das ist eigentlich eine ganz normale Verhaltensweise in Wahlkämpfen, dass ich mich nicht als Partei in Bereichen profiliere, wo ich keine Mehrheit hinter mir habe. Wahlkämpfe werden ja immer durch Mobilisierung entschieden und man entscheidet ja nicht auf ein Mal in einem Wahlkampf einen Wähler, der eine ganz andere Auffassung hat.
Das Hauptproblem ist, das sich Gesellschaften verändern über Jahrzehnte und das deshalb auch die Parteien programmatisch auf diese gesellschaftlichen Veränderungen reagieren müssen. Die Orientierung, die die Union [unter Merkel] hin zur Mitte vorgenommen hat, ist genau ein Versuch, in diesen Veränderungen in unserer Gesellschaft zu überleben.

 

Und wir haben ein paar Jahrzehnte davor genau das gleiche bei der SPD erlebt.
Gerhard Schröder hat ja versucht, die SPD aus der alten ideologischen Ecke in die Mitte, in die auch wirtschaftlichere Orientierung hin zu bewegen und war dabei auch übrigens sehr erfolgreich, bis die Partei ihn ein Stück weit verlassen und damit auch dieser Modernisierungsversuch, den Gerhard Schröder seiner Partei versucht hat zu verordnen, …dann eben auch gescheitert ist.

 

 

 

Maybrit Illner:

 

Und wenn [der ehemalige SPD-Vorsitzende] Martin Schulz jetzt … von einem Anschlag auf die Demokratie gesprochen hat, die Angela Merkel mit dieser asymmetrischen Demobilisierung vorgenommen hat, und Friedrich Merz sagt: „Man kann die Leute nicht ins Koma reden“ - dann heißt das was?

 

 

 

Matthias Jung (Forschungsgruppe Wahlen):

 

Diese so bezeichnete Wahlkampforientierung war ja eines der Erfolgsrezepte, mit dem die Union unter Angela Merkel bei einer Wahl davor mal wieder 40% bekommen hat, in einer Situation, wo wir ja eine Defragmentierung im Parteiensystem haben. Das heißt, wir haben immer mehr Parteien, weil die großen Volksparteien nicht mehr diesen ideologischen Rückhalt haben, den sie vor 20 [oder] 30 Jahren hatten. Einen [Rückhalt] über die katholische Kirche [und den Antikommunismus] bei der Union und [einen Rückhalt] über den Sozialismus oder die Arbeiterbewegung bei der SPD … Und deshalb sind die Interessengegensätze in den beiden Volksparteien nicht mehr so stark zu konzentrieren.

 

Und deshalb entstehen Interessenspositionen außerhalb der Volksparteien, deshalb haben wir ja auch mehr Parteien bekommen … und das ist ein ganz natürlicher Prozess, den können wir auch nicht mehr zurückdrehen, weil wir diese Ideologien, die diese Sicherheit und diese Bandbreite die Volksparteien garantieren können, nicht mehr so ohne weiters zurückbekommen.

 

 

 

[Sendeminute 26:00] Maybrit Illner:

 

Und wenn also nun ganz konkret in Hessen die CDU Wähler an die AfD verliert und Wähler an die Grünen verliert, wie bekommt man es als CDU eigentlich hin, diesen Spagat … nicht nur auszuhalten, sondern neue Wähler zu generieren –wie soll das gehen?

 

 

 

Matthias Jung (Forschungsgruppe Wahlen):

 

Naja, das ist das große Problem aller Volksparteien, dass sie diese Breite im Angebot halten müssen und sich um diese Breite auch kümmern müssen. Das wird natürlich schwieriger und man bekommt es natürlich nicht dadurch hin, dass man immer eine andere Partei in den Focus nimmt und ihr hinterher zu rennen. Die SPD hat es ja mit [der Annäherung an die] Linken und den Grünen [oder an die] CDU ja immer wieder versucht und es ist kein erfolgreiches Konzept, sondern man muss seine eigenen Positionen [vertreten] und seine eigene Politik machen und damit um Zustimmung werben und nur so kommt man ein Stück weiter.

 

 

 

[Sendeminute 26:50] Maybrit Illner:

 

Und warum hat die SPD so viel verloren… ? Hätte es ein Thema gegeben, [mit dem] diese Partei auch im Wahlkampf gegen Frau Merkel hätte gewinnen können

 

 

 

Matthias Jung (Forschungsgruppe Wahlen):

 

Naja, die SPD befindet sich ja schon seit langem, seitdem sie eben das Experiment der Modernisierung unter Gerhard Schröder beendet hat, in einen Mehrfrontenkrieg zwischen verschiedenen Parteien. Sie hat ja Schwierigkeiten, sich programmatisch so richtig zu positionieren, eher nach links zu gehen oder eher in die Mitte und dies ist ein ungelöstes Problem seit vielen Jahren und daran hat sie natürlich zu knappern: Aber wir müssen natürlich auch eines sehen: Diese Große Koalition ist ja eine nicht gewollte Koalition von den Akteuren, sondern sie ist ihnen aufgezwungen worden. Zum einen, weil die FDP „Jamaika“ hat platzen lassen und zum anderen weil der Bundespräsident die beiden Parteien dazu letztlich verurteilt hat, diese Koalition machen zu müssen. Und das ist eine Geburt, die nicht wirklich von Begeisterung getragen ist und von daher ist auch ein großer Teil des Streits innerhalb dieser Koalition zu erklären, die zu dieser schlechten Performance geführt hat, worunter beide Koalitionspartner eben dann auch leiden.

 

 

 

[Sendeminute 28:00] Maybrit Illner:

 

Und nun sagen Sie, es wird eine größere Aufsplitterung des Parteiensystems geben, wir werden nicht mehr die zwei großen [Parteien] und kleinere daneben ein Thema gegeben, mit dem diese Partei auch im wir werden nicht mehr die zwei große Parteien, sondern vielleicht drei, vier Parteien, die über 20 Prozent liegen. Ist dann auf vorstellbar – ungefähr natürlich – dass die Kanzler Deutschlands mehr zwingend aus CDU und SPD kommen müssen?

 

 

 

Matthias Jung (Forschungsgruppe Wahlen):

 

Man kann sich für die Zukunft sehr viel vorstellen, aber ich glaube, wir haben eine hohe Volatilität, dass heißt die Veränderungen der Stimmergebnisse sind gewaltiger als früher, aber das heißt nicht immer nur, dass es bei jeder Partei (man sieht es ja jetzt auch bei den Grünen) immer nur abwärts gehen muss in der Volatilität, es kann auch Zuspruch entstehen.

 

 

 

Wir haben 2013 ja auch diese 40 Prozent für die Union gehabt. mit schlechten Ergebnissen davor und danach wieder schlechte Ergebnisse, also da ist auch viel Spielraum drin, und dass wird auch andere Koalitionen ermöglichen… Wir werden viel stärker und daran orientieren müssen: Wie kommen wir zu Mehrheiten, die auch stabile Regierungen sichern? Und wenn dieses Bewusstsein auch wieder stärker beim Wähler ankommt, dann werden wir vielleicht auch wieder klarere Wahlentscheidungen bekommen, die sich mehr daran orientieren, wer eigentlich zusammen regieren soll.


Bundestagswahlkampf Angela, die Asymmetrische

Wahlkampf Berlin

Die Raute als Ersatz für Inhalte? Die SPD wirft der CDU vor, dass sie keine Konzepte erarbeite und stattdessen auf die Kanzlerin setze. (Foto: Bernd Von Jutrczenka/dpa)




heute-show (10.05.2013) Merkel Strategie für Bundestagswahl 2013




Die Geschichte der asymmetrischen Demobilisierung wird am Ende des folgenden Videos angezeigt:  
https://www.youtube.com/watch?v=WYnhiisqfgM


Asymmetrische Demobilisierung

 

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Als asymmetrische Demobilisierung wird in der Politikwissenschaft eine Wahlkampfstrategie bezeichnet, die darauf abzielt, durch das Vermeiden von Stellungnahmen zu kontroversen Themen die potenziellen Wähler des politischen Gegners soweit zu demotivieren, dass sie vom Wahlgang absehen. Wenn nicht unbeabsichtigt gleichzeitig die eigenen Wähler demobilisiert werden, steigt der Stimmenanteil der Partei, die die Strategie praktiziert. Das Sinken der Wahlbeteiligung wird bei Anwendung der asymmetrischen Demobilisierung billigend in Kauf genommen.[1]

Politikwissenschaftliche Forschung

Im Rahmen des Wahlkampfes zur Bundestagswahl 2009 bezeichnete die Forschungsgruppe Wahlen die Wahlkampfstrategie von Angela Merkel und der CDU als „asymmetrische Demobilisierung“.[3] Matthias Jung, der Chef der Forschungsgruppe Wahlen, sagte zum Wahlergebnis 2009, dass unter den gegebenen Rahmenbedingungen die Wahlkampfstrategie der CDU kaum zu verbessern war. Hauptziel sei es gewesen, dass enttäuschte SPD-Anhänger zu Hause blieben.[4][1][5]

Der Politikwissenschaftler Andreas Blättle fügte den Begriff in eine Rational-Choice -Theorie der kalkulierten Wahlkampfstrategie ein: Die CDU wählte im Wahlkampf 2009 einen „restringierten Wahlkampfstil“, während die SPD einen „polarisierenden Wahlkampfstil“ wählte. Für beide Parteien war dies in Anbetracht der Kandidatenauswahl die nutzenmaximierende Strategie. So ergab sich, als Kombination beider Wahkampfstrategien, bei der Bundestagswahl 2009 ein „asymmetrisch-polarisierter Parteienwettbewerb“, der sich zugunsten der CDU richtete.[6]

[…]

Seitdem findet der Begriff weitere Verwendung in journalistischen Beiträgen zur Kommentierung der Bundestagswahl 2013[9] und 2017[10][11].

Seite „Asymmetrische Demobilisierung“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 12. Dezember 2018, 04:00 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Asymmetrische_Demobilisierung&oldid=183625496 (Abgerufen: 4. Januar 2019, 22:36 UTC)