Sozistunden 12044 - Institutionelle Ansätze erklären den Konzentrationsprozess des deutschen Parteiensystems 1949-1961


Unterrichtsmaterial: Sk 12030 Modelle der Wahlforschung und der Parteienforschung

Politbarometer – Demoskopie – Ann-Arbor-Modell – Cleavage-Theorie – Soziale Milieus – Begriff der Volkspartei – Niedergang der Volksparteien – Phasen in der Entwicklung des bundesdeutschen Parteiensystems- Fluides Fünfparteiensystem    
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Unterrichtsmitschrift von Björ Oldach am 7.01.2019 


Institutionelle Ansätze zur Erklärung der Entwicklung des Parteiensystem ("Wahlsystem bestimmt Parteiensystem")

 

Hierunter fallen Ansätze, die das Parteiensystem in einem Land aus den bestehenden Regelungen zum Wahlsystem zu erklären versuchen.

Bedeutungsvoll kann in diesem Zusammenhang die Existenz von Sperrklauseln (wie z .B. die 5%-Hürde oder die , Grundmandateklausel) sei.

Eine zentrale Rolle spielt dabei die Unterscheidung zwischen Staaten mit Mehrheitswahlrecht und solchen mit Verhältniswahlrecht. Das Mehrheitswahlrecht begünstigt danach die Konzentration der Wählerstimmen auf zwei Parteien, wohingegen das Verhältniswahlrecht eine Vielzahl von Parteien unterstützt. Bei einem absoluten Mehrheitswahlrecht gewinnt in der Regel eine Partei oder eine vor der Wahl bestimmte Koalition eine regierungsfähige Mehrheit. Die relative Mehrheitswahl hemmt die Zersplitterung des Parteisystems und belohnt Zusammenschlüsse von Wählergruppen. Neue Parteien können sich unter dem Mehrheitswahlrecht nur äußerst mühsam etablieren. Es bilde sich tendenziell ein Zweiparteiensystem heraus.

Empirisch ist die Lage zwar komplizierter, als theoretische Annahme kann sie aber plausibel begründet werden. Nach Duvergers Gesetz wird in einem Wahlsystem mit relativem Mehrheitswahlrecht (z. B. Großbritannien, USA) ein Zweiparteiensystem entstehen, weil unter diesen Bedingungen die Stimmen innerhalb eines Wahlkreises, die für die Verlierer (alle übrigen, außer dem mit den meisten Stimmen) abgegeben werden, die Sitzverteilung im Parlament nicht beeinflussen, mithin verloren sind. 

[…] Die real existierende Vielfalt von Parteien zeigt allerdings, dass das Wahlsystem als alleinige Variable zur Erklärung der Parteienkonstellation nicht ausreicht. Auch in Ländern mit Mehrheitswahlrecht bilden sich häufig mehr als zwei bedeutsame Parteien (z. B. Scottish National Party und Liberals im Ursprungsland des Westminster-Modells). Die Konzentration ist dabei umso ausgeprägter, je niedriger das gesellschaftspolitische Konfliktniveau eines Landes ist. Lediglich die meist tatsächlich höhere durchschnittliche Parteienzahl in Wahlsystemen mit Verhältniswahlrecht kann durch diesen Mechanismus erklärt werden.

Seite „Parteiensystem“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 19. September 2018, 08:28 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Parteiensystem&oldid=181031780 (Abgerufen: 6. Januar 2019, 20:48 UTC)





Gesamtergebnis der Bundestagswahlen 1949

 

CDU/CSU, FDP und DP bildeten eine Koalition (siehe Kabinett Adenauer I).

Das Ergebnis lautete wie folgt:[1]

 

Partei Stimmen Prozent Sitze1 Wahlkreise Überhangmandate
Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) 6.934.975 29,2 131 (5) 96 1 (Bremen)
Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) 5.978.636 25,2 115 (2) 91 1 (Baden)
Freie Demokratische Partei (FDP/DVP/BDV) 2.829.920 11,9 52 (1) 12
Christlich-Soziale Union in Bayern (CSU) 1.380.448 5,8 24 24
Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) 1.361.706 5,7 15
Bayernpartei (BP) 986.478 4,2 17 11
Deutsche Partei (DP) 939.934 4,0 17 5
Deutsche Zentrumspartei (DZP) 727.505 3,1 10
Wirtschaftliche Aufbau-Vereinigung (WAV) 681.888 2,9 12
Deutsche Konservative Partei – Deutsche Rechtspartei (DKP-DRP) 429.031 1,8 5
Radikal-Soziale Freiheitspartei (RSF/FSP/SFP) 216.749 0,9
Südschleswigscher Wählerverband (SSW) 75.388 0,3 1
Sammlung zur Tat/Europäische Volksbewegung Deutschlands (SzT/EVD) 26.162 0,1
Rheinisch-Westfälische Volkspartei (RWVP) 21.931 0,1
Unabhängige 1.141.647 4,8 3 3
Gesamt 23.732.398 100 402 (8) 242 2

 

1 In Klammern die Zahl der am selben Tag von der Berliner Stadtverordnetenversammlung gewählten, nicht voll stimmberechtigten Berliner Bundestagsabgeordneten. Am 1. Februar 1952 traten aus Berlin weitere vier SPD-, drei CDU- und vier FDP-Abgeordnete in den Bundestag ein.
Seite „Bundestagswahl 1949“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 1. Januar 2019, 19:08 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Bundestagswahl_1949&oldid=184281904 (Abgerufen: 6. Januar 2019, 19:34 UTC) 

 

 

Mitglieder des 2. Deutschen Bundestages

 

Fraktionen im Plenum des
Bundestags der 2. Wahlperiode
(bis zum 15. Oktober 1957)

      
Insgesamt 519 Sitze

 

Der 2. Bundestag hatte zu Beginn und am Ende der Legislaturperiode insgesamt 497 Abgeordnete (+22 Berliner Bundestagsabgeordnete). Den höchsten Sitzanteil hatte die CDU/CSU mit 243 (+6) Sitzen (Ende: 261), worauf die SPD mit 151 (+11) Sitzen (Ende: 164) folgte. Zudem waren im 2. Bundestag noch die FDP (48+5 Sitze am Ende 39 Sitze), die GB/BHE (27 Sitze am Ende 19 Sitze), die DP (15 Sitze am Ende 34 Sitze) und Zentrum (3 Sitze am Ende 2 Sitze) vertreten.

 

Seite „2. Deutscher Bundestag“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 3. März 2018, 14:11 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=2._Deutscher_Bundestag&oldid=174576683 (Abgerufen: 6. Januar 2019, 19:53 UTC) 

Anders als bei der Bundestagswahl 1949, bei der es genügt hatte, in einem einzigen Bundesland 5 % der Stimmen zu erzielen, galt die Fünf-Prozent-Hürde nun bundesweit. Nach der Grundmandatsklausel, wie sie 1953 galt, musste eine Partei mindestens einen Wahlkreis direkt gewinnen, um nicht der Fünf-Prozent-Klausel zu unterliegen. Seit der Bundestagswahl 1957 beträgt die Zahl der zu gewinnenden Wahlkreise drei.

Kleinere Parteien im 2. Deutschen Bundestag

 

Unter den .kleineren Parteien, die Mandate gewannen, befanden sich auch die Deutsche Partei (DP), die 3,3 % der Stimmen erhielt und auf Grund des Gewinns von zehn Wahlkreisen über die Grundmandatsklausel mit 15 Abgeordneten in den Bundestag einzog. [Die CDU war in einigen Wahlkreisen nicht angetreten und hatte Wahlempfehlungen zugunsten des Wahkreiskandidaten der DP gegeben.]   

Drei Abgeordnete zogen für die Zentrumspartei in den Bundestag ein. Die Partei erhielt zwar nur 0,8 % der Stimmen, konnte aber mit ihrem Kandidaten Johannes Brockmann den Wahlkreis Oberhausen direkt gewinnen und zog daher auch mit Listenkandidaten in den Bundestag ein. Einer der Listen-Abgeordneten war der CDU-Abgeordnete Martin Heix aus Oberhausen, der auf eine Kandidatur in seinem Wahlkreis zugunsten des Zentrums verzichtet hatte und im Gegenzug über die Landesliste des Zentrums gewählt wurde. Er trat auch direkt wieder in die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ein.

Seite „Bundestagswahl 1953“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 2. Oktober 2018, 17:51 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Bundestagswahl_1953&oldid=181435007 (Abgerufen: 6. Januar 2019, 21:22 UTC)


Huckepackverfahren

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Das Huckepackverfahren ist eine Taktik einer Kleinpartei, in Kooperation mit einer größeren Partei eine Sperrklausel zu umgehen. In der Bundesrepublik Deutschland ist so trotz der Fünf-Prozent-Hürde ein Einzug in ein Parlament durch Ausnutzung der Grundmandatsklausel möglich.

Die Grundmandatsklausel ist in § 6 III 1, Alt. 2 BWahlG normiert. Danach kann eine Partei, die an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert ist, trotzdem entsprechend ihrem Zweitstimmenergebnis Abgeordnete in den Bundestag schicken, falls sie in mindestens drei Wahlkreisen das Direktmandat gewinnen konnte. Großen Parteien ist es somit möglich, in einigen Wahlkreisen auf ihre Direktkandidaten zu verzichten und eine Wahlempfehlung zugunsten einer kleinen Partei, die die Fünf-Prozent-Hürde nicht erreichen kann, abzugeben. Wenn dies in mindestens drei Wahlkreisen gelingt, zieht die kleine Partei in den Bundestag ein, ihre Zweitstimmen gehen also nicht „verloren“.

Geschichte

Das Huckepackverfahren spielte in der Bundesrepublik Deutschland bei Bundestagswahlen in den Jahren 1953 und 1957 eine Rolle. So gelang es der CDU in den Jahren 1953 und 1957, die „kleine“ DP in den Bundestag einziehen zu lassen.[1]

Seite „Huckepackverfahren“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 30. April 2016, 12:42 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Huckepackverfahren&oldid=153968336 (Abgerufen: 6. Januar 2019, 21:21 UTC)



Entwicklung des deutschen Parteiensystems nach 1945
1. Phase: Konzentration des deutschen Parteiensystems (1949 bis 1961) 

a) Institutionelle Ursachen, die im Wahlsystem begründet liegen
Die Entwicklung des Parteiensystems in der Bundesrepublik Deutschland war zunächst lange Zeit durch einen Trend zum "Zweieinhalb-Parteiensystem" (Zweiparteiensystem aus 1. CDU/CSU und 2. SPD und der FDP  als kleine „dritte Kraft“) gekennzeichnet, nachdem im ersten Bundestag noch elf Parteien vertreten waren. Zu diesem Konzentrationsprozess trugen verschiedene Gründe bei:
● Die bundesweite Einführung der 5 %-Klausel 1953 erschwerte den kleineren Parteien den Zugang zum Parlament.
● Durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurden Parteien, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes standen, verboten (Art. 21 Abs. 2 GG).

Durch das Bundesverfassungsgericht wurden bisher erst zwei Parteienverbote ausgesprochen worden: gegen die Sozialistische Reichspartei (SRP) im Jahre 1952 (die SRP war eine Nachfolgeorganisation der NSDAP) und die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) im Jahre 1956.


b) Gesellschaftliche Ursachen
● Die „Soziale Marktwirtschaft“ erweis sich als Erfolgsmodell. Im Gegensatz zur Weimarer Republik. Das sich die Wirtschafts-, Sozial- und Staatsordnung der Bundesrepublik Deutschland (im Gegensatz zur Weimarer Republik)   relativ schnell stabilisierte, gab es für die Bildung neuer Parteien wenig Ansatzpunkte: Insbesondere rechts- und linksextreme Gruppen fanden in der Bevölkerung keine Basis.

● Zunächst die CDU/CSU und später (mit dem Godesberger Programm von 1959) auch die SPD entwickelten sich zu Volksparteien, die ein breites Spektrum von Interessen und Gruppen integrierten und repräsentierten.

Vgl. hierzu folgende Quelle: Klaus Engelhart (Hrsg.: Sozialkunde für die Oberstufe des Gymnasiums, Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 1997, S. 224