Sozistunden 12222 - Ursachen für das Scheitern von Staaten und "State-Building" - am Beispiel des Südsudan

Unterrichtsmaterial:

Sk 12210  Politische Theorie 2 -  Moderne Staatsformen heute - Demokratie und Diktatur

Der Download der Unterrichtsreihe ist möglich unter:

PDF: https://drive.google.com/open?id=1iDsQaTDru0p3AMzrfIsw7FjrTZMIVLf8



09.07.2013
22:55 Uhr
Südsudan: Geburt eines Staates arte

Nach einem 50 Jahre lang dauernden Bürgerkrieg, der zwei Millionen Menschen das Leben kostete, wurde der Südsudan unabhängig. Seit 2011 ist der Mitglied der UNO. Doch das Land hat keine funktionierende Struktur, verfügt weder über eine Armee noch über ein Justizsystem. Wie also soll dieses Land seinen Bewohnern Sicherheit und eine funktionierende Infrastruktur bieten? Die Dokumentation hat sogenannte State-Building-Experten begleitet und ihre Bemühungen, ein funktionierendes politisches System zu errichten, beobachtet.

ach einem 50 Jahre lang dauernden Bürgerkrieg, der zwei Millionen Menschen das Leben kostete, wurde der Südsudan unabhängig. Seit 2011 ist der Mitglied der UNO. Doch das Land hat keine funktionierende Struktur, verfügt weder über eine Armee noch über ein Justizsystem. Wie also soll dieses Land seinen Bewohnern Sicherheit und eine funktionierende Infrastruktur bieten? Die Dokumentation hat sogenannte State-Building-Experten begleitet und ihre Bemühungen, ein funktionierendes politisches System zu errichten, beobachtet.

Im Jahr 2011 wurde die frisch gegründete Republik Südsudan als 193. Mitglied in die Vereinten Nationen aufgenommen. 50 Jahre währte der Krieg zwischen dem muslimischen Norden mit der Hauptstadt Khartum und dem abtrünnigen Süden, in dem die christliche Religion und der Glaube an Geister vorherrschen. Zwei Millionen Menschen fielen den Kämpfen zum Opfer und vier Millionen wurden aus ihren Heimatdörfern vertrieben. Jetzt sind die Erwartungen an den Frieden hoch.
Der neue, unabhängige Staat besitzt zwar eine Flagge und eine Hauptstadt, aber weder endgültige Grenzen noch einen geregelt arbeitenden Staatsapparat. Es gibt keine Armee und keine funktionierende Justiz. Auch der Trennungsprozess vom Norden ist noch nicht abgeschlossen. Wie lässt sich ein ganzes Land neu organisieren und wie kann aus dem Nichts ein nationales Zugehörigkeitsgefühl entstehen? In den letzten 20 Jahren hat die internationale Gemeinschaft Theorien für die Schaffung staatlicher Strukturen entworfen; "State-Building"-Experten modellierten und planten diesen Prozess und entwickelten Instrumente und Pauschalrezepte, die unabhängig vom Kontext angewandt werden. Nach dem Kosovo und Osttimor unterstützen sie nun mit ihren milliardenschweren "Roadmaps" die Geburt des Südsudan.
Ein Jahr lang begleitet die Dokumentation Lise Grande, stellvertretende UN-Koordinatorin für humanitäre Hilfe im Südsudan und zweithöchste UN-Vertreterin vor Ort, sowie Riek Machar, einen ehemaligen Warlord und heutigen Vizepräsidenten des Südsudan, bei dem Versuch, die Theorie in die Praxis umzusetzen und der jungen Demokratie auf die Beine zu helfen.

https://programm.ard.de/TV/Themenschwerpunkte/Dokus--Reportagen/Alle-Dokumentationen/Startseite/?sendung=2872410169687547


 

Es sind folgende Erklärungen für die Entstehung gescheiterter Staaten in Gebrauch:

 

Koloniales Erbe

 

Die Kolonialzeit habe vielerorts traditionelle Gesellschaftsstrukturen zerstört, diese seien jedoch nicht durch westliche Verfassungsstrukturen ersetzt worden.

Es habe kein Interesse der Kolonialmächte daran bestanden, den neu entstandenen Staat mit einer eigenen Identität zu versehen (Nationenbildung).
Koloniale Grenzziehungen förderten stattdessen Nationalitätenkonflikte.
Der nach dem Zweiten Weltkrieg schließlich in die Unabhängigkeit entlassene Staat habe nur rumpfartige Strukturen und Institutionen besessen.

Ende des Kalten Krieges

 

Eine weitere mögliche Ursache des Zerfalls staatlicher Zentralgewalt, die in der Theorie Internationaler Beziehungen diskutiert wird, ist die Anfang der 1990er Jahre eingeleitete Auflösung der ideologischen, wirtschaftlichen und politischen Systemkonfrontation des Kalten Krieges. Diktatorische Regime wurden – meist ohne feste Verankerung im eigenen Land – während des Kalten Krieges durch die Supermächte aus ideologischen und strategischen Interessen an der Macht gehalten. Durch Waffenlieferungen und außenwirtschaftliche Unterstützung wurde die staatliche Einheit künstlich aufrechterhalten. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion habe sich die mangelhafte interne Legitimierung dieser Staatsapparate offenbart, welche politische und militärische Oppositionsbewegungen und Rebellengruppen ausnutzten.

Seite „Gescheiterter Staat“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 5. September 2018, 19:10 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Gescheiterter_Staat&oldid=180662679 (Abgerufen: 16. Januar 2019, 19:49 UTC)




Anglo-Ägyptischer Sudan war von 1899 bis 1956 die Bezeichnung für den Sudan einschließlich des Südsudan. Der Anglo-Ägyptische Sudan war in dieser Zeit ein Kondominium Großbritanniens und Ägyptens. Da das Staatsoberhaupt Ägyptens 1914–1922 unter britischen „Schutz“ gestellt wurde, war der Anglo-Ägyptische Sudan de facto bis zur Unabhängigkeit des Königreichs Ägypten eine Kolonie im Britischen Weltreich


1953 …. schlossen die …. ägyptische und die britische Regierung 1953 ein Abkommen über die Unabhängigkeit Sudans innerhalb von drei Jahren. So wurden 1953 die ersten Parlamentswahlen im Anglo-Ägyptischen Sudan überhaupt abgehalten. Die Hoffnungen Ägyptens, der unabhängige Sudan werde sich dann freiwillig mit Ägypten vereinigen … nicht.


Seite „Anglo-Ägyptischer Sudan“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 2. Oktober 2018, 00:46 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Anglo-%C3%84gyptischer_Sudan&oldid=181413445 (Abgerufen: 16. Januar 2019, 20:01 UTC)


Unabhängigkeit 1956

 

Am 1. Januar 1956 wurde der Sudan unter Ministerpräsident al-Azhari unabhängig. Im April des Jahres wird der Sudan Mitglied der Arabischen Liga und demonstriert so seine Zugehörigkeit zur Arabischen Welt.

Seite „Geschichte des Sudan“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 11. September 2018, 06:47 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Geschichte_des_Sudan&oldid=180814233 (Abgerufen: 16. Januar 2019, 20:07 UTC)


Sudan mit dem 2011 unabhängig gewordenen Südsudan. In altrosa sind die weiteren Regionen markiert, in denen es separatistische Bestrebungen gibt, rote Flächen stellen Gebietskonflikte dar.


Im Jahr 2011 kam es zu einem Unabhängigkeitsreferendum im Südsudan, in welchem die Mehrheit der Südsudanesen für einen unabhängigen Staat stimmten. Seit dem 9. Juli 2011 ist der Südsudan offiziell vom Sudan getrennt.



GfbV erklärt: Bürgerkrieg im Südsudan

https://www.youtube.com/watch?v=exkEYzPrEIA

Um den Ursprung des Konfliktes im Südsudan zu benennen, muss man drei Generationen zurückgehen. Die Auseinandersetzungen begannen 1955, als der [Staat] Sudan unabhängig von Ägypten und Großbritannien wurde.

Daraufhin traten vorkoloniale Konflikte zwischen dem muslimisch dominierten Norden und dem von Christentum und traditionellen [afrikanischen] Religionen dominierten Süden wieder hervor.

Als die neuen Regierungspositionen fast ausschließlich mit Personen des Nordens besetzt wurden, griffen Südsudanesen zu den Waffen, um für einen unabhängigen Südsudan zu kämpfen. Erst 1972 gab es zum ersten Mal wieder Frieden im Sudan.

Mit dem Addis Abeba-Vertrag wurde dem heutigen Südsudan eine eingeschränkte Selbstbestimmung eingeräumt. Doch 1983 brach der Konflikt erneut aus.

Grund dafür waren ein zunehmende Islamisierung des Südens und die Entdeckung großer Ölvorkommen im südlichen Bereich.

Der Sudan hatte deshalb wieder ein verstärktes Interesse, die südlichen Gebiete direkt zu kontrollieren.

Die 1983 gegründete Sudan People`s Liberation Army (SPLA, Sudanesische Volksbefreiungsbewegung)) - angeführt von John Garang – nahm erneut den Kampf gegen die Regierung des Sudans auf. Das propagierte Ziel der SPLA war ein säkularer, demokratischer, sudanesischer Staat.

1991 kam es [allerdings] zu einem Bruch innerhalb der SPLA. Während die SPLA eine Autonomie [Selbstverwaltung] für den Südsudan forderte, wollte sich die neue Splittergruppe, angeführt von Rieck Machar und Lam Akol damit nicht zufrieden geben. Ihr Ziel war es, dass der Südsudan [nicht nur ein autonomes, selbstverwaltetes Gebiet innerhalb des Sudan sondern] ein [vollkommen] souveräner, autonomer Staat wird.

Nun brachen auch noch Kämpfe zwischen den Splittergruppen aus. Da der Anführer der SPLA zur ethnischen Gruppe der Dinka gehört und der Anführer der Splittergruppe [Rieck Machar] wiederum Nuer ist, wurden die Dinka und Nuer zu Gegnern.

Nach über zehn Jahren gewaltsamen Konflikts zwischen Nuer und Dinka wurde er 2005 durch eine weitgehende Autonomie des Südsudan eingedämmt.

Nach einer sechsjährigen Übergangsphase gab es 2011 ein Unabhängigkeitsvotum, bei dem 98,83% der Südsudanesen für die Unabhängigkeit stimmten.

Das Ende des langen Weges zur Unabhängigkeit hat jedoch nicht hat jedoch nicht zur Stabilität und dem erhofften Aufschwung geführt, sondern den Krieg wieder aufflammen lassen.

Nachdem John Garang [unter bis heute ungeklärten Umständen] ums Leben gekommen war, hatte Salva Kir (der wie Garang dem Volk der Dinka angehört) seinen Platz als Oberbefehlshaber eingenommen. Mit der neuen Unabhängigkeit wurde er jetzt auch noch zum Präsident des Landes.

Der zweite Befehlshaber der SPLA, Rieck Machar – ein Nuer – wurde sein Stellvertreter.

Nachdem Machar die Politik Kiirs kritisiert hatte, kam es zu einem Zerwürfnis der beiden.

Und weil […] diese beiden wieder unterschiedlichen Ethnien angehörten, entwickelt sich ein neuer Krieg zwischen Dinka, die vor allem Mitglieder der Regierungsgruppe SPLA [und Anhänger von Salva Kir] sind und den Nuer, also vorrangig Mitgliedern der oppositionellen Gruppe SPLAIO. (Sudanesische Volksbefreiungsbewegung in Opposition)

Im Dezember 2013 brach der grausame Bürgerkrieg erneut aus. Beide Anführer mobilisierten ihre Anhänger zum Kampf und auch weitere ethnische Gruppierungen schlossen sich einer der zwei Parteien an. Denn im Vielvölkerstaat Südsudan gibt es neben den beiden größten ethnischen Gruppen Dinka und Nuer noch 60 weitere Volksgruppen.

Die Konfliktparteien (SPLA Sudanesische Volksbefreiungsbewegung und SPLAIO Sudanesische Volksbefreiungsbewegung in Opposition) töten jeden, der einer anderen, in ihren Augen „falschen“ Volksgruppe angehört.

 

Neben den Machtkämpfen der politischen Anführer sind auch die Korruption und der Kampf um die lukrativen Einnahmen aus der Ölförderung weitere Gründe für diesen Krieg.

Ausgetragen wird der Krieg um Geld und Macht zwischen verschiedenen Ethnien.

Durch jahrzehntelange Auseinandersetzungen und ohne jegliches Vertrauen finden sie genauso wenig wieder zusammen wir ihre Anführer.

Das tief sitzende Misstrauen gegen jeden führt dazu, dass viele Südsudanesen mehr auf Waffen vertrauen, als auf Gespräche, um ihre Sicherheit zu gewährleisten.

Und so verwendet die südsudanesische Regierung über die Hälfte des Staatshaushaltes für Rüstung und Sicherheit und befeuert somit den Konflikt weiter.

Dabei würde das Geld so dringend gebraucht werden für Infrastruktur und Entwicklung.

Während also Geld für Waffen ausgegeben wird, hungern die Menschen im Südsudan, obwohl das Land sehr fruchtbar ist.

Wie in jedem Krieg sind auch hier die Leidtragenden die Frauen und Kinder.



Seitdem der Sudan 1956 die Unabhängigkeit erlangte befand sich das Land nahezu permanent im Ausnahmezustand.
Schon die Jahre 1963-1972 waren von blutigen Auseinandersetzungen geprägt, denen nach einer nur kurzen Zwischenphase von 1982 bis heute ein zweiter Bürgerkrieg folgte. Im Wesentlichen stehen sich dabei zwei Parteien gegenüber: Einmal die Regierung in Khartum, geführt von dem 1989 durch einen Militärputsch an die Macht gelangten Omar Hassan al Bashir, die die arabischen Muslime im Norden vertritt und zum anderen die von John Garang befehligte Sudanesischen Befreiungsarmee (SPLA) die ihre Machtbasis im überwiegend christlichen Süden hat.
Trotz der Tatsache, dass in Folge der Auseinandersetzungen etwa zwei Millionen Sudanesen umkamen und wohl doppelt so viele vertrieben wurden, zeigte der Westen lange Zeit wenig bis kein Interesse sich für eine Beilegung des Konfliktes einzusetzen, im Gegenteil.

Von 1968-1977 noch von der Sowjetunion unterstützt, suchte die sudanesische Regierung in der Folge die Nähe zu Washington, das diesen Schritt mit Militärhilfe in Höhe von mehreren Hundert Millionen US-Dollar bis zum Ende der 80er Jahre belohnte.
Im Gegenzug unterstützte die Sowjetunion fortan die SPLA. Derart hochgerüstet kam der Bürgerkrieg auch nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes nicht zum Erliegen, was im Westen allerdings niemanden mehr kümmerte: “Da… Afrika nach dem Zusammenbruch des Ostblocks an strategischem Wert verlor, nahm die internationale Politik kaum Anteil an dem zerstörerischen Bürgerkrieg, der weite Teile des Landes ruinierte und entvölkerte.”



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