Sozistunde 11160 - Streit um die Höhe der Hartz-IV-Sätze

Sk 11150 - Soziale Ungleichheit und Armut

PDF: https://drive.google.com/open?id=1cqhhwOD9gQm87dO4VdZS29WI-PehAsp9
Sk 11150a Mitschriften - Soziale Ungleichheit und Armut

PDF: https://drive.google.com/open?id=1ZtnAgBN18VotcBEnNBSevKo7_FS2cBXZ





Karikatur: „Hartz IV“ (Wie berechnen Sie denn die Hartz IV Sätze?) von Erl am 12. Februar 2010
https://de.toonpool.com/cartoons/Hartz%20IV_73579


Karikatur von „Schwarwel“ zur Anhebung der Hartz IV-Sätze (2018?)

http://schwarwel-karikatur.com/ngg_tag/hartz-iv-saetze/




Aufschlüsselung des Regelbedarfs nach den regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Einpersonenhaushalte (Statistikmodell) aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2013, § 5 Regelbedarfsermittlungsgesetz (RBEG)
EVS-Abteilung Bezeichnung Euro
1 und 2 Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren 137,66
2 (ab 1. Januar 2017 äquivalente Erfassung in Abteilung 1) 000,00
3 Bekleidung und Schuhe 034,60
4 Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung 035,01
5 Innenausstattung, Haushaltsgeräte u. -gegenstände, laufende Haushaltsführung 024,34
6 Gesundheitspflege 015,00
7 Verkehr 032,90
8 Nachrichtenübermittlung 035,31
9 Freizeit, Unterhaltung, Kultur 037,88
10 Bildungswesen 001,01
11 Beherbergungs- und Gaststättenleistungen 009,82
12 Andere Waren und Dienstleistungen 031,31
  Summe 394,84

 

Anpassungen

 

Die Regelbedarfe werden jeweils zum 1. Januar eines Jahres aufgrund der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen sowie der bundesdurchschnittlichen Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (Mischindex) vorgenommen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt jeweils spätestens zum 1. November eines Kalenderjahres die Höhe der Regelbedarfe, die für die folgenden zwölf Monate maßgebend sind, im Bundesgesetzblatt bekannt. 

Seite „Regelbedarf“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 30. Oktober 2019, 11:31 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Regelbedarf&oldid=193588800 (Abgerufen: 1. November 2019, 23:00 UTC) 



Grundwissen zum Thema Hartz IV
https://www.youtube.com/watch?v=cTFFmbvJ1sE&t=1s
416 Euro im Monat. Das ist der Regelsatz, den ein alleinstehender Hartz IV-Empfänger  bekommt. Damit soll er seinen Alltag finanzieren, also z.B. Essen und Kleider kaufen.
Die Kosten für [eine angemessene] Wohnung werden zusätzlich übernommen.

Generell wird neben dem Hartz-4-Regelsatz das Kindergeld für Kinder bis zur Vollendung des 18 Lebensjahres gezahlt.

Wofür ist das Geld gedacht. Der größte Posten 145,04 Euro für Nahrung und Getränke.
Zwischen 30 und 40 Euro gibt es jeweils für Freizeitgestaltung, Telefon, Strom, Kleider, Verkehr und Sonstiges. Kleinere Posten sind Haushaltsgeräte (ca. 25 Euro), Gesundheitspflege (ca. 15 Euro), Restaurantbesuche (ca. 10 Euro). Der mit Abstand kleinste Posten: Bildung mit einen Euro und sechs Cent.
Wie wird der Regelsatz berechnet? Alle 5 Jahre schreiben zehntausende Haushalte genau auf, wie viel Geld sie wofür ausgeben. Für Kino kochen oder Kinderbetreuung. Aus den Ergebnissen wird das Existenzminimum berechnet.
Von den Ausgaben, z.B. den unteren 15% (bis 2011: 20%) der Single-Haushalte wird alles abgezogen, was ein Hartz IV-Empfänger von anderer Stelle bekommt (vor allem das Wohngeld). 
Und alles, was für das Existenzminimum als nicht notwenig erachtet wird, z. B.: Tabak, Alkohol oder Blumen.
Wofür der Hartz IV-Empfänger seine 460 Euro ausgibt, bleibt ihm überlassen.
Seit Jahren wird darüber diskutiert, ob die Hartz IV-Sätze hoch genug sind.
Insgesamt leben zur Zeit 6 Millionen Menschen von der staatlichen Grundsicherung, darunter 800.000 Langzeitarbeitslose.
Vgl. hierzu auch: https://www.zdf.de/nachrichten/heute/was-ist-hartz-iv-faktenbox-100.html



Wird Kindergeld bei Hartz 4 angerechnet?

Sie erhalten Kindergeld trotz Hartz-4-Bezug. Allerdings wird es angerechnet.
Dass auch bei ALG-2-Bezug Kindergeld beantragt und gewährt wird, ist klar. Viele Betroffene stellen sich allerdings folgende Fragen: „Wird Kindergeld vom Hartz 4 abgezogen?“ bzw. „Wird das Kindergeld auf Hartz IV angerechnet?“.

Grundsätzlich sind diese Fragen mit „Ja“ zu beantworten. Eine Klage gegen die Kindergeld-Anrechnung bei Hartz-4-Bezug wurde im Jahr 2010 vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt. Die Richter waren der Auffassung, dass der Hartz-4-Regelsatz das Existenzminimum des Kindes decken würde.
Dementsprechend sei das Kindergeld für Hartz-4-Empfänger als „Zusatzleistung“ zu verstehen. Demnach könne es als Einkommen komplett auf den maßgebenden Regelbedarf angerechnet werden.






Hartz IV: Wie die Bundesregierung die Regelsätze niedrig rechnet
Monitor . 17.05.2018. 07:08 Min.. Verfügbar bis 30.12.2099. Das Erste.
Moderator: 416 Euro. Das ist der aktuelle Regelsatz für erwachsene Hartz IV Empfänger ohne Kinder. Davon kann man leben, sagt die Bundesregierung. Was sie nicht so gerne sagt: Der Satz müsste viel höher liegen, wenn sie sich an ihre eigenen Regeln halten würde. Aber die Bundesregierung bedient sich einer ganzen Reihe von Rechentricks, um das Existenzminimum so niedrig wie möglich zu halten. Und spart so Milliarden – auf Kosten der Ärmsten. Autor/-in: Jan Schmitt, Gitti Müller
https://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-hartz-iv-wie-die-bundesregierung-die-regelsaetze-niedrig-rechnet-100.html
vgl. hierzu auch: https://youtu.be/cTFFmbvJ1sE?t=102

 

Wieviel Geld braucht ein Mensch, um in Deutschland überlegen zu können, das so genannte   
Existenzminimum? Um das zu beziffern, werden alle fünf Jahre höchstkomplizierte Berechnungen angestellt. Am Ende steht dann eine Summe: 416 Euro sind das zur Zeit, der Regelsatz für erwachsene Hartz IV-Empfänger. Das muss reichen, auch wenn es nicht reicht!   
Die Bundesregierung scheint alles zu tun, diese Summe so niedrig wie möglich zu halten und schreckt dabei auch nicht vor allerlei Rechentricks zurück.
[…] 416 Euro. Das ist der Hartz IV-Regelsatz für Erwachsene. Darin enthalten. Essen, Trinken, Kleidung, Haushalts und Gesundheitskosten etc. Entscheidender Maßstab für das Bundesverfassungsgericht: Die Menschenwürde. Eigentlich.
Jürgen Borchert (Richter am Landessozialgericht Hessen):
Das Existenzminimum muss dieser Menschenwürde entsprechen und entsprechend auch die Grundsicherung die kulturellen und die sozialen Teilhaben ermöglichen. Das ist mit diesen Regelsätzen mit Sicherheit nicht mehr der Fall!

 

Sprecher: […] Die Kanzlerin aber findet den Harzt IV-Satz angemessen.

 

Angela Merkel: „Wir haben ein ziemlich gutes System. Wir gucken uns immer die 20% derer an, die im Arbeitsleben stehen, die nicht von staatlicher Grundsicherung abhängig sind und deren Einkommensentwicklung ist der Maßstab für die Erhöhung der Grundsicherungssätze, die wir dann Hartz IV nennen“.       

 

Sprecher:  Stimmt das, was die Kanzlerin sagt? Alle fünf Jahre gibt es eine Umfrage, die so genannte Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EKVS). Dabei werden die Einnahmen und Ausgaben von ca. 60.000 Haushalten untersucht. Nach Merkel nimmt  man die einkommensschwächsten 20 Prozent davon, die nicht auf Sozialleistungen angewiesen sind. Das ist die so genannte Referenzgruppe. Ihre Ausgaben sind die Grundlage für den Hartz IV- Regelsatz. 571 Euro kommen so pro Person zusammen. Der Schönheitsfehler: Die bekommt keiner. Die Menschen erhalten nur 416 Euro im Monat.    
Wie kann das sein? Ist es also falsch, was Merkel sagt? 
Prof. Stefan Sell: Wenn man sich die tatsächliche Berechnung anschaut, dann stimmt das nicht, was Frau Merkel da sagt, das ist nicht korrekt. Das ist eher: „So wünsche ich mir das“, aber so wird es nicht gemacht und deshalb ist das eine Lüge.     

 

Sprecher: Denn die Regierung bedient sich einiger Rechentricks: Und die drücken den Hatz IV-Satz nach unten.
Rechentrick 1: Ursprünglich bestand die Referenzgruppe tatsächlich wie Merkel sagt, aus den ärmsten 20%. Schon 2011 aber wurde sie unter ihrer Regierung einfach verkleinert, bei Erwachsenen auf die ärmsten 15 % und die geben im Schnitt natürlich weniger aus.
Der Hartz IV-Satz sinkt dadurch um 13  Euro von (571 auf 558 Euro)
Rechentrick 2: Es gibt viele Menschen, die eigentlich Anspruch auf Hartz IV haben (und dennoch arbeiten gehen), diesen Anspruch aber nicht geltend machen: Man nennt sie „verdeckt Arme.“ Sie müssten eigentlich aus der Referenzgruppe herausgerechnet werden, werden sie aber nicht. Dadurch sinkt der Hartz IV-Satz auf weitere 12 Euro auf 546 Euro).      

Rechentrick 3: Der umfangreichste: Denn jetzt wird gestrichen: Bei Ausgaben für Verkehr minus 31 Euro, für Freizeit und Kultur minus 37 Euro, für Gaststätten und Beherbergung minus 23 Euro und so weiter und so weiter: Bis auf 416 Euro.     

Warum? Die Bundesregierung findet, viele der Ausgaben zählten nicht zum Existenzminimum und das die Daten erhoben werden bedeutet nicht, dass alle zur Verfügung stehenden Daten vollständig verwendet werden müssen!      

 

Jürgen Borchert (Richter am Landessozialgericht Hessen): Dann kann man sagen, wir lassen den Quatsch mit dem statistischen Ermitteln, weil wir halten uns sowieso nicht daran.   
Da wird ein großer Hokuspokus veranstaltet, den sowieso kaum jemand versteht, weil diese Rechnungen sehr kompliziert sind, aber sie relativ genau. Und wenn man sich dann hinterher nicht daran hält, dann soll man es offen in den Abfalleimer werfen! 

[…]  Der Hartz IV Satz von 416 Euro ist kein Zufall, glauben Experten:
Prof. Stefan Sell: Diese Zahl ist vorgegeben worden, die wollte man errechen und durch die statistischen Manipulationen hat man diese Zahl erreicht! 

Sprecher: Da sich auch der jährliche Steuerfreibetrag (ca. 9.000 Jahreseinkommen), ab dem man Einkommensteuer zahlen muss, aus dem Hartz IV-Satz berechnet, holt sich der Fiskus zusätzlich 15 Milliarden Euro vom Steuerzahler! 
https://www1.wdr.de/daserste/monitor/videos/video-hartz-iv-wie-die-bundesregierung-die-regelsaetze-niedrig-rechnet-100.html
vgl. hierzu auch: https://youtu.be/cTFFmbvJ1sE?t=102


Paritätische Forschungsstelle: Kritische Anmerkungen zur Berechnung der Hartz IV-Regelsätze