Sozistunde 12070b - Könnte die AfD verboten werden? - YouTube - MrWissen2go

Könnte die AfD verboten werden? - YouTube - MrWissen2go

 

https://www.youtube.com/watch?v=MSYI3jSpDjk

„Warum die AfD verboten werden könnte“ Das ist der Titel einer Anaylse der Organisation „Deutsches Institut für Menschenrechte“, das vom Bundestag finanziert wird.

Und der Inhalt dieser Analyse, die Anfang Juni 2023 erschienen ist, hat es in sich: (Zitat)

„Die Gefahr, die von der AfD für die freiheitliche demokratische Grundordnung ausgeht ist mittlerweile erheblich. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für ein Verbot der AfD liegen demnach vor. “ Also vereinfacht gesagt: Die AfD wäre für unsere Demokratie so gefährlich, dass sie verboten werden könnte.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Ricarda Lang, die Chefin der Grünen

Die hatte Ende 2022 schon gefordert, dass ein Verbot der AfD  (Zitat) „kein Tabu mehr sein dürfe“.

Ganz ähnlich geäußert hatten sich zuvor schon der ehemalige Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz von der CDU und der SPD-Innenminister von Thüringen, Georg Maier.

Der Tenor ist: Um unsere Ordnung zu schützen, könnte es sinnvoll sein, die Alternative für Deutschland zu verbieten. Auch im Netz liest man solche Forderungen immer wieder. Gerade auch aktuell, wo die AfD  auf Rekordwerte im Bund- und in Ostdeutschland kommt. 

Aber ist so ein Verbot überhaupt realistisch? Wie würde es dazu kommen und was wären die Folgen? Darum geht es jetzt!

[Zum SRP-Verbot 1952:]

Am Ende sind sich die Richter einig: Die Partei darf nicht mehr länger existieren. Sie sei eine Nachfolgerin der Nazi-Partei NSDAP und stelle eine große Gefahr für unsere Demokratie dar.   Ihre Mitglieder - offen rassistisch, ihre Methoden - faschistisch, ihre Struktur - völlig undemokratisch:

In einer Pressemitteilung des Gerichts heißt es: Das Programm der Partei, in dem ein klares Bekenntnis zur Demokratie fehlt, ist bewusst vorsichtig dunkel und mehrdeutig formuliert. Erst im Zusammenhang mit den Äußerungen führender Funktionäre und dem Verhalten der Anhänger erschließt sich sein wirklicher Sinn - mit eindeutigen Parallelen zum Nationalsozialismus:

Das Urteil ist deshalb ganz klar: Die Partei ist verfassungswidrig und wird deshalb aufgelöst. Es ist eine Entscheidung, die wirkt wie ein Erdbeben:

So etwas hat es bis dahin in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht gegeben: Eine  Demokratie verbietet eine Partei. Gefällt wird das Urteil Ende Oktober 1952 und betroffen davon ist die SRP - kurz für Sozialistische Reichspartei. Eine Partei, die zu wesentlichen Teilen aus ehemaligen Mitgliedern der NSDAP besteht.

Über Umwege hat sie es geschafft, zwei ihrer Leute als Abgeordnete im Bundestag zu platzieren und auch in einigen Landtagen ist sie präsent - keine Übermacht, aber auch nicht völlig unbedeutend.

Mit seiner Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht damals einen Präzedenzfall  geschaffen, also eine Art Muster für Entscheidungen in der Zukunft:

Bis heute gilt das Urteil vom Oktober 1952 als Maßstab dafür, was gegeben sein muss damit eine Partei in Deutschland tatsächlich verboten werden kann.

[Anmerkung: Im Urteil des BVG zum SRP-Verbot wird der Begriff der freiheitlich- demokratischen Grundordnung erstmals definiert.]  

Wichtig wird das rund 4 Jahre später: Da geht es nämlich um die nächste Partei, die verboten werden soll : Die KPD (die Kommunistische Partei Deutschlands).

Und auch hier entscheidet das Bundesverfassungsgericht: Die Partei muss aufgelöst werden: In der Begründung für diese Entscheidung heißt es: (Zitat) „Die mündliche Verhandlung hat nicht ergeben, dass die KPD als eine politische Partei in der Bundesrepublik Deutschland in dem Grundgesetz mit der Achtung begegnet, die man bei ihr voraussetzen sollte. Die Beweise dafür dass die KPD die entgegen gesetzte Haltung zu der freiheitlichen demokratischen Ordnung einnimmt sind zahlreich und unwiderleglich-“

Die Hintergründe sind dabei etwas anders als bei der SRP. aber das Fazit ist das gleiche: Eine Partei, die sich verfassungswidrig verhält darf in der Bundesrepublik Deutschland nicht existieren.

Berufen können sich die Richter dabei auf unsere Verfassung, das Grundgesetz dort heißt es in Artikel 21 Abs 2: Parteien die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen die freiheitliche-demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden sind verfassungswidrig.

In Artikel 3 wird noch ergänzt, dass diese Parteien von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden müssen.

Es ist auch möglich, dass Parteien ausgeschlossen werden von der Finanzierung aber weiterhin existieren dürfen.

Zentral bei alldem ist ein Wort, das auch in Artikel 21 auftaucht: Eine Partei muss „verfassungswidrig“ sein.

Ist sie nur in Anführungszeichen „verfassungsfeindlich“, dann reicht das nicht aus.

Das Bundesverfassungsgericht schreibt dazu: Hinzukommen müssen eine aktiv-kämpferische agressive Haltung gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung, auf deren Abschaffung die Partei abzielt sowie konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein Erreichen der von ihr verfolgten verfassungsfeindlichen Ziele nicht völlig aussichtslos erscheint.

 

Also um es mal ein bisschen einfacher, ein bisschen deutlicher zu sagen: Nur dann, wenn eine Partei dazu in der Lage sein könnte, in Deutschland tatsächlich einen Umsturz durchzuführen und auch konkrete Schritte in diese Richtung unternimmt, nur dann besteht eine Chance, das sie verboten werden könnte.

Das sind ganz schön viele Definitionen wieso oft im juristischen Bereich aber genau das ist auch wichtig in einer Demokratie, denn ansonsten könnte die Regierung zum Beispiel einfach willkürlich Parteien verbieten, die ihr nicht passen, so wie die Nationalsozialisten es 1933 gemacht haben. Da gab es dann nach wenigen Monaten keine einzige Partei, nur noch die NSDAP.

Heute ist das deutlich schwieriger: Zum einen wegen der hohen gesetzlichen Hürden, zum anderen aber auch deshalb, weil die Regierung allein gar nichts anrichten kann.

Unsere Verfassung [und das BVG-Gesetz] regel[n] das so: Die Regierung, der Bundestag oder der Bundesrat können zwar das Verbot einer Partei beim Bundesverfassungsgericht beantragen, aber entschieden wird darüber nur vom Gesicht - in einem aufwendigen Verfahren, niemand sonst hat etwas mit zu bestimmen.

Zuerst prüfen die Richter, ob der Antrag überhaupt eine realistische Chance hat, wenn nicht dann war's das schon!

Sind mindestens zwei Drittel der Richter aber der Meinung, die Partei wäre verfassungswidrig,  dann geht es weiter: Richter eines anderen Senats führen dann eine Voruntersuchung durch und Befangenheit zu vermeiden.

Gibt es dann auch von dort eine Zustimmung, dann kommt es zur mündlichen Verhandlung und am Ende gibt es ein Urteil: Dieses Urteil muss allerdings nicht endgültig sein.

Die Partei hat danach die Möglichkeit eine so genannte Individualbeschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte [in Straßburg] einzureichen.

Bestätigt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Urteil, dann bleibt die Partei verboten, revidert serviert er es muss das Verfahren neu aufgerollt werden

Soweit erstmal die Theorie in der Praxis gab es bisher in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nur vier ernsthafte Versuche eine Partei tatsächlich zu verbieten: Zwei davon  waren erfolgreich: Nämlich die in den 1950er Jahren gegen die SRP und gegen die KPD.

Gescheitert sind dagegen zwei Verbotsanträge gegen die rechtsextreme NPD.

Beim ersten Mal 2003 hat das Bundesverfassungsgericht gar nicht erst verhandelt und 2017 beim zweiten Mal hatte das Verfassungsgericht zwar verhandelt und auch geurteilt, dass die NPD verfassungswidrig sei; allerdings waren die Richter der Meinung, dass ein Erreichen der verfassungswidrigen Ziele der NPD nicht wirklich realistisch wäre: Oder anders gesagt die Richter fanden die NPD zu unwichtig um sie zu verbieten

Stattdessen haben sie ihr nur die Finanzierung entzogen - das hatte ich vorhin schon mal kurz erwähnt dass das auch möglich ist.

Das heißt also verboten wurden in der gesamten fast 75 jährigen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nur insgesamt zwei Parteien die SRP und die KPD

Aber könnte eventuell bald eine dritte Partei dazu kommen nämlich die Alternative für Deutschland, die AFD.

Ins Spiel gebracht hat das vor allem die Partei die Grünen, die Ende 2022 öffentlich gemacht haben, dass sie ein Verbot der AfD prüfen wollen.

Das Kernargument damals war die AfD wäre eine rechtsextremistische Partei, die unsere Demokratie nach und nach abschaffen wolle[n würde].

Ricarda Land, die Chefin der Grünen meinte dazu im Dezember 2022 beim Sender Welt:

Da ist eine Partei, die diese Demokratie und am Ende auch dieses Land zutiefst verachtet, die sich gerade zum Sprachrohr von Wladimir Putin macht. Hintergrund damals waren bekannt gewordene Umsturzpläne sogenannter „Reichsbürger“, zu denen auch eine einflussreiche AfD Politikerin gehört hatte.

Einige Monate zuvor hatte außerdem das Bundesamt für Verfassungsschutz bekannt gegeben, das ist die AfD als rechtsextremen Verdachtsfall einstufen und die Partei auf Bundesebene beobachten würde, ein Gericht hatte dieses Vorgehen dann später auch bestätigt

Das Argument, das die Grünen und einige Politiker anderer Parteien angebracht haben war:  Wer so verstrickt sei und dann auch noch verdächtigt würde extremistisch zu sein, der würde verfassungswidrig handeln. Passiert ist allerdings erst einmal nichts, bis Anfang Juni 2023 dann das Gutachten des Instituts für Menschenrechte veröffentlicht worden ist, aus dem ich am Anfang schon zitiert habe: Das heizt die Debatte noch einmal an. genauso wie die Umfragewerte der AfD

Das Gutachten fasst - so heißt es im Titel- Empfehlungen an Staat und Politik zusammen. Schauen wir mal ein bisschen genauer rein: Wie kommt das Gutachten zu seinem Fazit die AfD wäre möglicherweise verfassungswidrig

Erstens sagt es, die die AfD habe sich über die Jahre hinweg immer weiter radikalisiert und sei inzwischen eine gesichert rechtsextreme Parteien

Zweitens die AfD würde grundgesetzliche Prinzipien missachten, zum Beispiel die Menschenwürde und

Und drittens: Die AfD hätte eine völkisch-nationalistische Grundausrichtung und sei in ihren Programmen von ihrem Handeln rassistisch und menschenverachtend

Das ist wie gesagt nur eine grobe Zusammenfassung. Das komplette Gutachten, wenn ihr das lesen wollt: Es es ist unten in der Infobox verlinkt.

 

Warum die AfD ver­boten werden könnte (institut-fuer-menschenrechte.de)

https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen/Analyse_Studie/Analyse_Warum_die_AfD_verboten_werden_koennte.pdf

 

Und vieles von dem, was in diesem Gutachten steht findet man so zum Beispiel auch in einem öffentlich gewordenen Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz: Das hat das Bundesamt vor einiger Zeit über die AfD erstellt und auch das habe ich euch unten in der Infobox verlinkt (das wurde im Netz gelegt selbst veröffentlicht hat das Bundesamt Gutachten nicht).

 

Prüffall: Wir veröffentlichen das Verfassungsschutz-Gutachten zur AfD – netzpolitik.org

https://netzpolitik.org/2019/wir-veroeffentlichen-das-verfassungsschutz-gutachten-zur-afd

 

Jetzt nehmen wir mal an die Bundesregierung oder der Bundestag oder der Bundesrat folgen mehrheitlich diesen Ansichten. Sie übernehmen die Argumentationen und beantragen beim Bundesverfassungsgericht ein Verbot der AfD. Was würde  dann passieren?

Zunächst natürlich würde eine umfangreiche Prüfung geben. Ob die tatsächlich dazu führt, dass ein Verfahren eingeleitet wird, das ist extrem unsicher: Aber gehen wir mal davon aus, es kommt tatsächlich zu einer mündlichen Verhandlung; eine Verhandlung an deren Ende die Richter mehrheitlich sagen: Ja die AfD ist verfassungswidrig und wird verboten.

Ein [möglicher] Widerspruch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte würde scheitern, was wäre dann? Um es nochmal ganz deutlich zu betonen - das ist alles komplett fiktiv, aber gehen wir das mal weiter durch.

Die Folge wäre:  Die komplette Partei und alle ihre Unterorganisationen müssten sich auflösen, das Vermögen wurde eingezogen werden die AfD würde aufhören zu existieren. Am gravierendsten dabei wäre sicher: Die AfD würde alle ihre Sitze in sämtlichen Parlamenten ersatzlos verlieren: Vom Gemeinderat bis zum Bundestag.

Weil die AfD nirgendwo in der Regierung ist hätte das zwar keine direkten Auswirkungen,  aber vor allem in Ostdeutschland würde die Opposition dadurch massiv schrumpfen:

In Sachsen zum Beispiel wo die AfD fast ein Drittel aller Sitze im Landtag hat

Natürlich hätte das auch Folgen für die Mitarbeiter der Mandatsträger, sie würden ihre Jobs verlieren sowie andere hauptamtliche Mitarbeiter der AfD auch. Es gibt ja jetzt keinen Arbeitgeber mehr. Sie alle wären über Nacht arbeitslos. Die ehemaligen Abgeordneten müssten mutmaßlich sogar ohne Anspruch auf Ruhestandsbezüge oder anderes in die Arbeitslosigkeit gehen - ganz klar. Ähnlich wie 1952 und 1956 wäre das ein politisches Beben;  allerdings noch deutlich heftiger als in den 1950er Jahren denn anders als die Parteien damals ist die AfD eine einflussreiche politische Kraft und hat dementsprechend viele Anhänger hinter sich, auch viele Mitglieder. Wie würden sie sich verhalten, wenn ihre in Anführungszeichen Partei plötzlich verboten würde? Vermutlich mit Protesten vor allem in Ostdeutschland könnten Zehntausende Menschen auf die Straßen gehen. Es könnte zu Ausschreitungen kommen

Gleichzeitig wäre ein Verbot der AfD wahrscheinlich alles andere als nachhaltig.

Auch wenn es gesetzlich verboten ist, Nachfolgeorganisationen zu gründen mit ein paar juristischen Winkelzügen könnte schon am Tag des Parteiverbots eine neue Partei an den Start gehen, die der AfD personell und inhaltlich zu 100% nahe steht.

Die AfD wäre damit zwar weg, aber sozusagen die AfD 2.0 stünde direkt zur Stelle.

Denn klar ist: Mit der Auflösung einer Partei beseitigt man ja nicht direkt die Gründe warum es diese Partei überhaupt gibt und warum sie so erfolgreich ist

Das wäre ungefähr so, als würde man bei einer Pflanze einfach die Blüte abschneiden. irgendwann wächst diese Pflanze mutmaßlich nach. Und so wäre das auch in diesem Fall und genau deshalb ist (so würde ich es zumindest einschätzen) ein Verbotsantrag gegen die AfD 

 

 

 

momentan unwahrscheinlich:

Nicht nur, weil es für die Antragsteller schwierig werden dürfte, juristisch komplett wasserdicht nachzuweisen, dass die Partei im gesamten verfassungswidrig ist, sondern auch weil die Folgen Unruhe und eine garantierte Neugründung wären.

Das räumen zum Beispiel auch Politiker wie der CDU Chef Friedrich Merz ein und sie fordern stattdessen eine politische Auseinandersetzung mit der AfD.  

Das wird übrigens in dem Gutachten des Instituts für Menschenrechte auch angesprochen. Andere sagen: Wir müssen die Ursachen des Erfolgs der Partei anpacken und grundlegende Probleme bei uns im Land lösen [statt die Partei zu verbieten].

Dazu erfahrt ihr auch in dem Video oben …

Und dann ist da noch ein Argument, das immer wieder angebracht wird: Scheitert ein Verbotsantrag gegen die AfD, dann könnte die Partei das PR-mäßig ausnutzen - nach dem Motto: Sogar das Bundesverfassungsgericht bescheinigt uns, dass wir echte Demokraten sind. Außerdem wäre es für die AfD eine gute Möglichkeit sich als Opfer eines angeblichen Komplotts der anderen Parteien darzustellen, der Alt-Parteien wie die AfD immer sagt. Die  die Lesart wäre: Wir haben Recht und deshalb wollen die anderen uns verbieten.

 

Deshalb: Das es überhaupt einen Versuch gegen die AfD zu verbieten das ist unwahrscheinlich, ein tatsächliches Verbot noch unwahrscheinlicher!