Sozistunde 12066a - Was ist für Sie eine Demokratie?



Aiwanger kritisiert Ampelregierung | Markus Lanz vom 4. Juli 2023

https://youtu.be/yHcJxlwxK_s?t=1001

Markus Lanz: Was würden Sie sagen, Herr Aiwanger - was ist ihre Definition von Demokratie, was ist für sie eine Demokratie?

 

Hubert Aiwanger: Demokratie ist Politik im Sinne der Bevölkerung zu machen, von der Bevölkerung legitimiert. Macht des Volkes, das Volk hat die Macht, das Volk übergibt die Macht mal in einer repräsentativen Demokratie für eine gewisse Zeit.

Es gibt aber auch basisdemokratischere Ansätze, wie in der Schweiz: Und ich sag` ganz ehrlich auch: Wir Freien Wähler haben einen sehr basisdemokratischeren Ansatz, sind stark in den Kommunen, wir haben schon viele Volksbegehren gemacht, wir wollen eine Direktwahl des Bundespräsidenten und ich sage: Die Politik muss sich regelmäßig rückkoppeln zur Bevölkerung. Und nicht nach dem nach dem Motto (das ist ja die Debatte gewesen um das Heizungsgesetz): Einmal an der Macht, dann kann ich vier Jahre lang tun, was ich will. Ich bin ja gewählt und regiere - vielleicht sogar gegen die Mehrheit der Bevölkerung. 80% sagen, dass Heizungs-Gesetz [sei] Unsinn. [Aber die] Ampel sagt: Wir haben die parlamentarische Mehrheit, wir ziehen das jetzt durch! Mit dem Ergebnis, dass die Bevölkerung sich nicht mehr abgeholt fühlt.

 

Markus Lanz: Und dann ist das keine Demokratie mehr für Sie?

 

Hubert Aiwanger: Das ist noch eine Demokratie formal, aber …

 

Markus Lanz: Formal?

 

Hubert Aiwanger: Die Staatsform und so weiter, aber - von dem redet man nicht. Aber die Vorgehensweise …   

 

Markus Lanz: … Es ist keine Demokratie mehr?

 

Hubert Aiwanger: Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, natürlich ist das noch eine Demokratie, […] in Hinblick auf die Staatsform, aber das Vorgehen ist in meinen Augen nicht mehr richtig demokratisch […]

 

Markus Lanz: Herr Aiwanger, ich nehme Sie ernst, ich höre Ihnen zu […].

Ich will nur einmal verstehen, was für Sie Demokratie ist. Sie sagen; dass wir gerade haben, ist nur noch formal Demokratie …

 

Hubert Aiwanger:  Das stimmt doch nicht! […]

 

Markus Lanz: Was haben Sie denn gehört, Frau Münch?

 

Prof. Dr. Ursula Münch (Direktorin der Akademie für politische Bildung in Tutzing):

Ehrlich gesagt: Ihre Interpretation! …

Markus Lanz: … Sie haben gesagt, es ist formal eine Demokratie, aber das machen die da in Berlin, was sie wollen.

 

Hubert Aiwanger:  Sie haben mich ja gefragt, ob ich das noch als Demokratie sehe. Dann sage ich: Ja, formal, die Staatsform, ja, jawohl. Aber die Vorgehensweise – die Ampel ist für mich in diesem Punkt undemokratisch, wenn sie gegen die Mehrheit der Bevölkerung Politik macht. … Auf Dauer sorgt das für Frust bei den Regierten, [die] sagen; „die da oben“.    

 

Markus Lanz: Ja, da ist ja noch ein anderes Thema …

 

Hubert Aiwanger:  Ja ich war mit dem Satz noch nicht fertig, Sie haben ja schon die  Analyse begonnen, da war ich noch nicht fertig. Ich habe gesagt, für mich ist das formal noch Demokratie, aber die regieren gegen die Mehrheit und damit bin ich der Überzeugung, läuft das nicht mehr richtig; die müssen sich wieder rückkoppeln, was will die Bevölkerung. 

 

Markus Lanz: Ok, verstanden. Formale Demokratie, Frau Münch?

 

Prof. Dr. Ursula Münch: … Herr Aiwanger bezieht sich jetzt auf den Institutionenapparat auf die Prozesse. […] Aber natürlich Herr Aiwanger Recht, es findet eine Rückkoppelung statt, ganz klar, da hat er Recht. Wir haben übrigens eine freiheitliche, eine rechtsstaatliche Demokratie, es geht ja nicht immer nur um Mehrheiten, sondern es muss ja auch rechtsstaatlich (Minderheitenschutz und so weiter) abgesichert sein.

Aber natürlich bedeutet das jetzt nicht, dass eine Regierung im ständigen Einklang mit der Bevölkerung sein muss. […] Es ist jetzt nicht so, ist jetzt nicht so dass das immer hundertprozentig deckungsgleich ist. […]

 

Markus Lanz: Sonst brauchen wir ja einfach nut Meinungsumfragen und regieren nach Meinungsumfragen…

 

Prof. Dr. Ursula Münch: Genau. Wir haben eine zeitliche Gewaltenteilung, wir haben eine beschränkte Amtszeit, wir haben beschränkte Regierungszeiten und dann wird sich das rächen.  

Aber eine Politik die ständig nur das machen würde, was sie im Grunde demoskopisch abfragt, das ist nicht mein Verständnis [von Demokratie].

Natürlich ist es das ist völlig richtig, Es ist demokratisch [streng basisdemokratisch zu sein], aber es ist keine handlungsfähige Politik. Herr Aiwnager, das machen sie auch nicht!

 

Hubert Aiwanger:  Also das ist doch nur himmelweiter Unterschied. ob ich immer ständig mich rückkopple oder ob ich so sehenden Auges gegen 80% der Bevölkerung regiere!

 

Prof. Dr. Ursula Münch: Aber Herr Aiwanger, es hat doch fúnktioniert, es hat doch funktioniert. […].

Was doch funktioniert hat, ist doch, das die Bundesregierung offensichtlich begriffen hat - und sie hat ein bisschen länger dazu gebraucht zugegebenermaßen, aber sie hat doch begriffen (und ich glaube, da wäre nicht mal eine Erdinger Rede notwendig gewesen) dass es so nicht funktioniert. Und sie hat sich korrigiert, wobei sie etwas korrigiert hat, was noch überhaupt nicht beschlossen war,

 

Markus Lanz: Das ist die Rückkopplung ….

 

 

Prof. Dr. Ursula Münch: Insofern ist das für mich ein ein ganz normaler Prozess gewesen, der die Ampel ausgesprochen viel Lehrgeld hat bezahlen lassen.

Ich meine, wer ist denn vor allem gestraft worden? Die Ampel-Regierung, also insofern hat doch alles funktioniert.

 

Hubert Aiwanger:  Aber warum wurde sie korrigiert? Weil sie nach Hause gekommen sind, nachdem sie in Berlin im Kabinett das durchgewunken hatten. Und dann sind sie zu Hause von den Waldbauern, von den Bürgern …

 

Prof. Dr. Ursula Münch: Durchgewunken worden ist überhaupt nichts in diesem Kabinett.

 

Hubert Aiwanger:  Aber im Kabinett war es bereits verabschiedet …

 

Prof. Dr. Ursula Münch: Mit einem Parlamentsvorbehalt von Herrn Linder..

[…]

 

Hubert Aiwanger:  Ja, aber das Kabinett hatte schon zugestimmt, und das hat es die großen öffentlichen Debatten gegeben.

 

Markus Lanz: Aber ist das nicht Demokratie?

 

Hubert Aiwanger:  Ja, aber die Demokratie oder diese Entwicklung wurde erste dann korrigiert, als die Öffentlichkeit [eingeschaltet wurde]. Jetzt kann man fragen, welche Beitrag haben wir [die Freien Wähler] denn geleistet?


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