Die Beurteilung des Euro-Maidan
Pulverfass Ukraine - PK von Wladimir Putin am 04.03.2014
Wladimir Putin in einer Pressekonferenz am 4.03.2014:
Schauen wir uns an, warum diese Situation überhaupt entstanden ist. Mir scheint, das war eine revolutionäre Situation, die entstand schon vor langer Zeit, vom ersten Tag der Erklärung der Unabhängigkeit der Ukraine.
Ein einfacher ukrainischer Bürger, ein einfacher Mann … der Ukraine leidete unter „Nikolaus dem Blutigen“ [gemeint ist Zar Nikolaus II] unter Krawtschuk [dem erste Präsidenten der Ukraine], unter Kutschma [dem zweiten Präsidenten] und auch unter Juschtschenko und auch unter Janukowytsch.
Nichts hat sich besten geändert, zumindest, zumindest die Korruption erreichte das wir in Russland nicht [kennen] […].
Bei und gibt es auch …Korruption, aber in der Ukraine ist es noch akuter, noch viel schlimmer. […]
Das sind alles unglaubliche Ausmaße der Korruption.
Und im Prinzip: Das Volk wünschte Veränderungen. Aber: Man kann doch keine ungesetzlichen Veränderungen begünstigen im postsowjetischen Raum, wo die politischen Konstrukte noch sehr fragil sind, muss man auschließlich den verfassungsmäßgen Weg beschreiten. [Ein] kardinaler Fehler wird es immer sein, wenn man aus dem Verfassungsrahmen heraustritt.
Der Euro-Maidan – ein verfassungswidriger Umsturz?
Am 22. Februar 2014 stimmte das Parlament mit 328 Ja-Stimmen (von 450 Stimmen = 72%) für die Absetzung von Präsident Janukowytsch und setzte Neuwahlen für den 25. Mai 2014 an. Vgl.: https://de.wikipedia.org/wiki/Euromaidan
Diese Entscheidung war nicht unstrittig, Russland Präsident Putin sprach von einen „verfassungswidrigen Umsturz“.
Spiegel Online legte hierzu dar: Gemäß Artikel 108 der ukrainischen Verfassung kann die Amtsperiode des Präsidenten lediglich infolge seines Todes, wegen Rücktritts, aus gesundheitlichen Gründen oder „im Zuge eines Amtsenthebungsverfahrens“ enden.
Auf Antrag des Parlaments müsse dann eine Untersuchungskommission gebildet und auch das Verfassungsgericht zu einer Prüfung eingeschaltet werden. „Erst wenn solche Prüfverfahren die Voraussetzungen für eine Amtsenthebung als gegeben erachten, gilt: Die Rada (dass ukrainische Parlament kann mit einer Dreiviertelmehrheit den Präsidenten seines Amtes entheben.“ Dazu fehlten 9 Stimmen!
Vgl.: Ukraine-Faktencheck: Putin und der legitime Präsident - DER SPIEGEL
Der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages wies in einer Stellungnahme auf folgendes Problem hin: Nach dem Wortlaut der Verfassung traf keiner der dort genannten vier Tatbestände (Tod, Rücktritt, gesundheitliche Gründen, Amtenthebungsverfahren) zum Amtsverlust des Präsidenten zu. In Anbetracht der faktischen Unfähigkeit des Präsidenten, nach seiner Flucht sein Amt auszuüben, sei der Verfassungstext aber lückenhaft. Die Rechtmäßigkeit der Absetzung Janukowytschs könne nicht abschließend beurteilt werden, auch hätten sich nur wenige Verfassungsrechtler zu diesem Thema geäußert.
FAZIT: "Rein juristisch" betrachtet war die Amtsenthebung durch das Parlament umstritten.
Einerseits gilt: Ein reguläres Amtsenthebungsverfahren hätte ein längeres vorhergehendes Prüfverfahren vorausgesetzt und eine Dreiviertelmehrheit im Parlament erfordert, die aber nicht gesichert war.
Anderseits gilt: Janukowitch war aufgrund seiner Flucht faktisch nicht in der Lage, sein Amt auszuüben. Der Verfassungstext ist lückenhaft. Er regelt nur die Fälle Tod, Rücktritt und Krankheit (nicht aber die Flucht) des Präsidenten. Darauf verwies der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Gutachten.
Grundproblem:
Was tut man, wenn ein offensichtlich korrupter Präsident vor einer drohenden Amtsenthebung und einer ebenso drohenden Verurteilung flieht?
2. Man kann darüber diskutieren, ob der Beschluss des ukrainischen Parlaments, Janukowytschs abzusetzen, legal war.
Die Entscheidung, kann aber angesichts der revolutionären Umstände und des drohenden Machtvakuums als legitim betrachtet werden.
Legalität, legal = in Übereinstimmung mit den Gesetzen
Legitimität = als rechtmäßig bzw. gerecht empfunden
Verfassungsrechtliche Fragen der Amtsenthebung des Präsidenten der Ukraine
Maidan-Revolution: Interview mit ukrainischem Ex-Ministerpräsidenten Jazenjuk
Tagesschau - 21.11.2023
Zu Beginn seines zweiten Besuchs in der Ukraine ehrte Boris Pistorius die Demonstrierenden, die während der proeuropäischen Maidan-Proteste vor zehn Jahren getötet worden waren. „Mutige Menschen aller Altersgruppen sind auf die Straße gegangen, für Freiheit, für Annäherung an Europa und haben dafür mit dem Leben bezahlt“, sagte der Bundesverteidigungsminister. Er legte Rosen an einem Denkmal für die Getöteten nieder. Die Demonstrationen hatten am 21. November 2013 begonnen. Die dreimonatigen Dauerproteste in Kiew führten schließlich zum Sturz des russlandfreundlichen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Mehrere Dutzend Demonstrierende und 17 Polizistinnen wurden erschossen. Als Folge besetzte Russland die Schwarzmeer-Halbinsel Krim und annektierte diese wenig später. Anschließend unterstützte Moskau jahrelang ostukrainische Separatisten in den Gebieten Donezk und Luhansk und startete im Februar 2022 eine bis heute andauernde Invasion der Ukraine.
Die Tagesschau führte aus diesem Anlass einen Interview mit ukrainischem Ex-Ministerpräsidenten Jazenjuk.
06.03.2014 ∙Panorama∙- Das Erste
Panorama: Kiew: Welche Rolle spielen die Faschisten? - hier anschauen
Exkurs: Warum manche deutsche Medien jetzt Kyjiw statt Kiew schreiben
Manche Medien in Deutschland schreiben die Hauptstadt der Ukraine nun Kyjiw anstatt Kiew. Wir erklären, was dahinter steckt.
Krieg in der Ukraine Von Katja Neitemeier| 25.02.22, 11:50 Uhr
Der russische Angriff auf die Ukraine hat dazugeführt, dass einige deutsche Medien die ukrainische Schreibweise der Hauptstadt Kiew benutzen.
Nach Beginn des russischen Einmarsches in die Ukraine haben einige deutsche Medien begonnen, die ukrainische Schreibweise der Hauptstadt Kiew zu verwenden. Anstelle von Kiew schreibt [man] (etwa das Katapult-Magazin) von nun an Kyjiw in seinen Artikel über die Ukraine.
Der Grund: Kyjiw ist die ukrainische Schreibweise der Hauptstadt. In vielen deutschen Medien ist die russische Schreibweise der Stadt verbreitet. Wieso für viele Ukrainerinnen und Ukrainer dieser Unterschied wichtig ist.
Kyiv: Ukrainische Schreibweise ist ein Zeichen der Unabhängigkeit von Russland.
Sowohl im Ukrainischen als auch im Russischen wird das kyrillische Alphabet benutzt. Das Übertragen in lateinische Buchstaben wird Transliterieren genannt. Jeder kyrillische Buchstabe hat also eine lateinische Entsprechung. Allerdings gibt es Unterschiede zwischen verschiedenen slawischen Sprachen. Es werden etwa nach den Standards der ukrainischen Sprache manche Buchstaben anders in das lateinische Alphabet übertragen als im Russischen.
Außerdem gibt es manche Buchstaben nur im Ukrainischen, aber nicht in der russischen Sprache. Deswegen kommt es zu verschiedenen Schreibweisen, etwa von der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
Zum zwanzigsten Jahrestag der ukrainischen Unabhängigkeit berichtete der Deutschlandfunk (DLF) im Jahr 2011 ebenfalls darüber.
Im Gespräch mit dem DLF erklärte Bohdan Aschnjuk, Leiter einer Sprachenabteilung an der Ukrainischen Akademie der Wissenschaften: "Für einen Ukrainer ist es schon wichtig, wie es geschrieben wird. Man kann T-Shirts kaufen, auf denen ‚I love Kiev‘ steht und solche, auf denen ‚I love Kyiv‘ geschrieben ist. Das hat eine symbolische und eine identifizierende Bedeutung." Eine russische Schreibweise deute demnach auf einen russischen kulturellen Kontext hin, so Aschnjuk. Die ukrainische Schreibweise ist also ein Zeichen von der Emanzipation von Russland. Die Schreibweise "Kiev" oder „Kyiv" sind vor allem im Englischen weitverbeitet.
Ukrainische Regierung will ukrainische Schreibweise bekannter machen
Im Jahr 2018 begann laut eines Artikel des MDR auch das ukrainische Außenministerium eine Kampagne, um die ukrainische Schreibweise zu verbreiten. Unter #KyivNotKiev sollte Aufmerksamkeit für diesen Unterschied geschaffen werden.
Die Ukraine selbst hat die lateinische Schreibweise ihrer Hauptstadt 1995 von Kiev auf Kyiv geändert. An deutschen Flughäfen wird diese Schreibweise ebenfalls genutzt. Dieser Konflikt ist nicht nur auf die ukrainische Hauptstadt beschränkt. Auch die Hafenstadt Odessa wird im deutschsprachigen Raum mit Doppel-S geschrieben. Die ukrainische Schreibweise ist jedoch mit einem S.
Kyiv oder Kiew? Deutsche Medien ändern Schreibweise