Sozistunde 12048 - Großspenden an Parteien - ein Problem?


Unterrichtsreihe Sk 12030 Parteien - Aufgaben- Finanzierung - Verbote – Demokratiedefizite

https://sozialkunde.jimdo.com/themen/parteien-aufgaben-finanzierung-verbote-defizite/

Aufgaben und Funktionen von Parteien – Parteienfinanzierung – Geld für Verfassungsfeinde -
AfD als Prüffall für den Verfassungsschutz – Ehernes Gesetz der Oligarchie oder „Innerparteiliche Demokratie“   
PDF-Download unter: https://drive.google.com/open?id=127FC71KQaszZYvpF4Rnw9E2qKowovrmG


Vergleiche hierzu auch die folgenden Unterrichtstunden: 



Unterrichtsmitschrift von Björ Oldach vom 4.02.2019


Karikaturen zum AfD-Spendenskandal vom November 2018 

Karikatur - AfD-Spenden von Harm Bengen am 12. November 2018
https://de.toonpool.com/cartoons/AfD-Spenden_324913

 

ALICE WEIDEL BLEIBT SICH TREU
https://www.cicero.de/karikaturen/alice-weidel-bleibt-sich-treu

 

AfD-Großspender
https://janson-karikatur.de/tag/parteispenden/


alpha-Demokratie - Parteienfinanzierung - ARD-alpha. 28.11.2018, 29 Min

https://www.br.de/mediathek/video/alpha-demokratie-28112018-parteienfinanzierung-av:5bc6028e6bedaa00184fb7fc



[Ergänzte] Mitschrift der wichtigsten Inhalte der alpha-Demokratie-Sendung "Parteienfinanzierung" 

Mit kleinen Veränderungen und Ergänzungen! 

 

Wie funktioniert das mit der Parteienfinanzierung?

Was ist erlaubt, was nicht, das ist unser Thema heute.
Woher dürfen Parteien Gelder beziehen und in welcher Höhe? 

Durch den aktuellen Spendenskandal bei der AFD ist das Thema Parteienfinanzierung wieder aufgekommen. Der AfD-Kreisverband Bodensee hat zwei Großspenden erhalten. 
Zunächst einmal eine Spende einer Schweizer Pharmafirma aus der Schweiz in Höhe von 132.000 Euro. Als Verwendungszweck sei angegeben gewesen: "Wahlkampfspende Alice Weidel". Die Schweizer Firma teilte mit, das Geld "für einen Geschäftsfreund" weitergereicht zu haben. Dessen Name und Nationalität sind unbekannt.

[In einem zweiten Fall erhielt die AfD eine Großspende von einer niederländischen Stiftung in Höhe von 150.000 Euro, ohne das dies rechtzeitig bei der Bundestagsverwaltung gemeldet wurde.]   

vgl. auch: https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/parteien/id_84816626/afd-spendenskandal-staatsanwaltschaft-ermittelt-gegen-alice-weidel.html 

Auch andere Parteien haben in der Vergangenheit gegen solche Meldepflichten verstoßen.
Für Korruptionsexperten wiegt besonders schwer, dass im Falle der AfD mehrere Monate bis zur Meldung der vergingen.
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Prof. Dr. Martin Morlock:  
Erstens ist zu sagen, die Spende kam aus der Schweiz und Spenden aus Nicht-EU-Ländern (oder unbekannten Personen) sind nicht erlaubt, [sie müssen umgehend zurückgeschickt werden.]
Man will nicht, das die deutsche Politik von deutschen Staatsbürgern bestimmt wird und nicht von ausländischen Finanziers.
Spenden aus dem Ausland (die EU ist ausgenommen) sind unzulässig, wenn sie einen Mindestbetrag überschreiten. Man will eben nicht, dass die Politik von „Strippenziehern“, die irgendwo im Ausland sitzen gesteuert wird.  [Spenden aus EU-Ländern sind aber nicht automatisch unproblematisch.]
Spenden aus EU-Ländern werden deshalb zugelassen, weil wir ein Europäisches Parlament mit einem gemeinsamen Europawahlkampf haben und europäischen Parteien und deswegen kann man hier schlechte Grenzen einziehen.  

Aber die Spenden aus dem EU-Ausland müssen sich auch an die sonstigen Regelungen halten, die auch für die Deutschen gelten.
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Zweitens gilt: Spenden über 50.000 Euro müssen dem Bundestag unmittelbar angezeigt werden. Dies  hat die AfD [auch im Falle der Spende aus den Niederlanden]  offenbar versäumt.   
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Prof. Dr. Martin Morlock:
Es geht um die Transparenz und zwar um die sofortige Transparenz.
Alle Spenden der Parteien über 10.000 Euro müssen von den Parteien (im Rechenschaftsbericht) festgehalten werden und der Bundestagspräsident veröffentlicht das.
Aber dies geschieht erst eineinhalb Jahre späte und wenn der Wahlkampf vorbei ist, dann ist die Sache natürlich gegessen. 
Deshalb gilt: Großspenden über 50.000 Euro müssen sofort gemeldet werden und der Bundestagspräsident muss das dann auch alsbald veröffentlichen. Stellen Sie sich einmal vor: Was wäre passiert, wenn im August bekannt geworden wäre: Alice Weidel erhält über 130.000 Euro aus der Schweiz. Das wäre doch ein Knaller gewesen. Das solche Dinge bekannt werden, das ist der Sinn der gesetzlichen Regelung.     
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[Was bedeutet sofortige Meldung?]

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Prof. Dr. Martin Morlock:
Nun, man wird der Partei eine gewisse Überlegungsfrist einräumen. Eine Spende kommt und da darf man im Gesetz nachschlagen. „Was muss ich jetzt tun?“; aber innerhalb einer Woche sollte das schon passieren.

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[Es gab noch eine zweite Großspende über 150.000 Euro von einer niederländischen Stiftung 

Die Spende war im Februar 2018 eingegangen und im Mai wieder zurückgeschickt worden,  [da man weder die Identität noch die Motivation des Spenders zweifelsfrei habe feststellen ]
Vgl. hierzu auch
https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/parteien/id_84816626/afd-spendenskandal-staatsanwaltschaft-ermittelt-gegen-alice-weidel.html
Müssen Spenden, die zurückgezahlt werden, auch gemeldet werden?
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Prof. Dr. Martin Morlock:
Also, das Gesetz schreibt vor, das Spenden, die man nicht annehmen durfte, sofort (!!!) zurückgezahlt werden müssen. Und in beiden Fällen [sowohl bei der Spende aus der Schweiz  
auch bei der Spende aus den Niederlanden]  hat die AfD das nicht gemacht und damit eben gegen das Gesetz verstoßen.
Man kann nicht unbedingt vermeiden, dass jemand etwas zuwendet, aber wenn man dann …sieht  „Oh, das darf ich ja nicht annehmen“, dann soll man es sofort (!) zurückgeben und nicht ggf,. damit eine Weile arbeiten.

 

[Wie geht es weiter] ????
Nun die Bundestagsverwaltung wird den Fall untersuchen … und in der doppelten Höhe des unzulässig Erlangten (AfD hat unzulässige Spenden von 130.000 Euro und 150.000 Euro erhalten) wird eine Strafe (von ca. 560.000 Euro) wohl zu erwarten sein.

vgl.: alpha-Demokratie - Parteienfinanzierung - ARD-alpha. 28.11.2018, 29 Min

https://www.br.de/mediathek/video/alpha-demokratie-28112018-parteienfinanzierung-av:5bc6028e6bedaa00184fb7fc




Exkurs: Parteispendenaffären in Deutschland

vgl:.-alpha-Demokratie  - 28.11.2018 - Parteienfinanzierung - ARD-alpha

28.11.2018, 19:30 Uhr 29 Min.
https://www.br.de/mediathek/video/alpha-demokratie-28112018-parteienfinanzierung-av:5bc6028e6bedaa00184fb7fc

Die AfD-Spendenaffäre [vom November 2018] ist bei weitem nicht der größte Parteispendenskandal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland

Die CDU-Spendenaffäre zur Jahrtausendwende hat das Land regelrecht erschüttert.

Helmut Kohl gab sich bescheiden: Persönlich will er   der Bundeskanzler der Jahre 1982 -1998 -  sich nie bereichert haben.

Aber seine Macht sicherte er über Jahre mit „Bimbes“ – pfälzisch für Bargeld.

Damit ist es vorbei, Die Spendenaffäre beginnt, als der Ex CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep Anfang November 1999 zugibt, rund um ein Panzergeschäft eine Spende des Waffenlobyisten Karlheinz Schreiber über eine Million Mark angenommen zu haben. 

Das Geld, in einem Koffer in der Schweiz übergeben, sei als Parteispende an die CDU gegangen. Kanzler Kohl gerät unter Druck und erklärt am 6.11.1999, nichts von der Spende zu wissen.

Der Bundestag setzt einen Untersuchungsausschuss ein. Jetzt will die Staatsanwaltschaft Genf wissen:  Sind bei der Übernahme der ostdeutschen Leuna-Raffinerie durch den französischen
französischen Konzern
Elf Aquitaine Schmiergelder in Millionenhöhe geflossen. [Heute ist zur Leuna-Affäre bekannt: In den Jahren 1992 und 1993 erfolgten Schmiergeldzahlungen in Höhe von 47 Millionen Euro aus Schwarzgeldkassen von Elf Aquitaine.]


Unter dem wachsenden Druck der Ermittlungen gibt Helmut Kohl im Januar 2000 zu, von 1993 bis 1998 rund 2 Millionen DM Spenden erhalten zu haben, die nicht in Spendenlisten der CDU stehen. Namen nennt er nicht. 

Helmut Kohl: „Ich habe mein Wort gegeben, und ich halte dieses gegebene Wort für wichtig und ich stehe aus meiner Überzeugung dazu“.  

Gegen Kohl wird ermittelt; der Verdacht: Untreue. Auch CDU-Chef Wolfgang Schäuble gibt nun zu, von Schreiber 100.000 Mark erhalten und an die Partei weitergeleitet zu haben.  

Hessens Ex-CDU-Chef Manfred Kanther räumt ein, dass die hessische CDU schon seit den achtziger Jahren geheime Auslandskonten führt.

Kohl legt am 18. Januar 2000 den CDU-Ehrenvorsitz nieder. Verurteilt werden unter anderem: Ex-Rüstungs-Staatssekretär Ludwig-Holger Pfahls zu einer Haftstrafe von viereinhalb Jahren. Manfred Kanther und Ex-CDU-Finanzberater Horst_Weyrauch zu Geldstrafen. Der angeblich verwickelte Mayx Strauß wird schließlich freigesprochen.

Das Verfahren gegen Helmut Kohl wurde 2001 eingestellt, gegen Zahlung von insgesamt 300.000 Mark, obwohl er über die Spender weiter schweigt.

Im Jahre 2015 antwortet Wolfgang Schäuble auf die Frage nach den Spendern:   

„Es gibt keine, weil es aus der Zeit von Flick schwarze Kassen gab!  

 

Prof. Dr. Martin Morlock:

„Schäuble will damit sagen, das das ältere Gelder waren, Wir hatten ja in der Geschichte der Bundesrepublik mehrere Parteispendenskandale und aus der Flick-Geschichte, das war zwölf, dreizehn Jahre vorher gab es da wohl noch Restbestände an Geld, die eben als schwarze Kassen vorhanden waren und auf die man zugreifen konnte.“

vgl.: alpha-Demokratie - Parteienfinanzierung - ARD-alpha. 28.11.2018, 29 Min

https://www.br.de/mediathek/video/alpha-demokratie-28112018-parteienfinanzierung-av:5bc6028e6bedaa00184fb7fc



Zur Diskussion: Wie sehr untergraben illegale Parteispenden die Demokratie?

Sendeminute 10:

Wie sehr untergraben denn solche Spendenaffären oder illegale Parteispenden die Demokratie?

Prof. Dr. Martin Morlock:

„Ja da gibt es mindestens zwei Aspekte. Das eine ist das, was wir schon angesprochen haben: wir möchten, dass diejenigen, die einer Partei Geld geben und deswegen möglicherweise Einfluss auf die Partei haben, dem Bürger bekannt sind, so dass er sich selber entscheiden kann: Glaube ich dieser Partei noch. Oder habe ich den Verdacht, dass sie den Interessen ihrer Geldgeber verfolgt.

Der zweite Aspekt, der wird im Falle Kohl besonders deutlich: Die „illegalen“ Parteispenden  wurden als schwarze Kassen verwendet, um innerparteiliche Machtkämpfe zu entscheiden. Kohl hat also diejenigen Parteigliederungen, die ihn unterstützt haben, finanziell  versorgt und seine innerparteilichen Gegner eben mit diesen Mitteln nicht versorgt.

Das bedeutet also, dass in der innerparteilichen Auseinandersetzung schwarze Kassen eine Rolle gespielt  haben und die innerparteiliche Demokratie –wie die Demokratie im Staat – sollte eben nicht käuflich sein.



Filmtipp für Experten: Die schwarzen Kassen des Helmut Kohl  

Was Helmut Kohl verschwiegen hat – Interview zur Doku "Bimbes"
https://www.youtube.com/watch?v=6YL09JNIXQk

 

Bimbes - Die schwarzen Kassen des Helmut Kohl
https://www.youtube.com/watch?v=SVKSdfOf8ng

 

Bimbes – Die schwarzen Kassen des Helmut Kohl
https://www.youtube.com/watch?v=nteYUfjLknc