Sozistunde 12205b - Was ist links und was ist rechts? - Analyse von Wahlplakaten des BT-Wahlkampfs 2017 - Trier - VG Neuerburg




Hilfreiche Links zum Thema:

Sk 12204 Farben im Wahlkampf und in der Politik -Unterrichtsmaterial
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Sk 12205 Richtungen im Wahlkampf und in der Politik - Unterrichtsmaterial
PDF: https://drive.google.com/open?id=1LDrcv3ypd787r7oZxQ37zdVRs9jggI2e
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Sk 12205 Rechts und links im Wahlkampf und in der Politik  - Begleittext zum Video
https://drive.google.com/open?id=1BnJpMrjqULkN-N5wfKLY11vfdb00WM8e









Wahlplakat: Der Kanzler der Mitte (SPD)Stiftung Haus der Geschichte EB Nr. 20012/10/0235Urheber: SPD/Parteivorstand/KNSK Werbeagentur, Hamburg

https://www.hdg.de/lemo/bestand/objekt/plakat-der-kanzler-der-mitte-spd.html













Teil 2: Was ist „links“ - was ist „rechts“?
Wahlplakate des Bundestags-Wahlkampfs 2017 (Trier/VG Neuerburg)
Der alte Gegensatz zwischen „linken Republikanern“ und „rechten Monarchisten“, der noch in der Zeit der Französischen Revolution entstand, ist heute nicht mehr aktuell. Und so stellt sich die Frage:  Wofür stehen die Begriffe „linke“ und „rechte“ Politik heute?  Machen wir uns dies am aktuelleren Beispiel des Bundestagswahlkampfs 2017 klar!
Ich habe - vor allem in der Stadt Trier, aber auch in der gut 50 km weiter nördlich gelegenen Verbandsgemeinde Neuerburg - Wahlplakate fotografiert, deren der Kernaussagen wir uns genauer anschauen wollen:

2.1 Der Gegensatz „internationalistisch - nationalistisch“
Die „Alternative für Deutschland“ (AfD) forderte auf Plakaten dazu auf,  „Grenzen“ zu „schützen“ - während die Grünen mit ihren Plakaten daran erinnerten: „Von weniger Europa hat keiner mehr!“ Hier wird ein wesentlicher, erster Gegensatz zwischen eher linken und eher rechten Positionen deutlich:  Von Beginn an haben Linke sich traditionell als weltweite Bewegung gesehen und sich international organisiert, z. B. in der 1864 gegründeten „Internationalen Arbeiterassoziation“. Und die „Internationale“ ist zudem das weltweit am weitesten verbreitete Kampflied der sozialistischen Arbeiterbewegung. Und so denken denn auch heute noch denken viele linke Parteien oftmals eher internationalistisch und wünschen sich z. B. „mehr Europa“.
Demgegenüber verfolgt das rechte Lager oft eine nationalistische Politik und fordert z. B. die Rückkehr zu vermehrten Grenzkontrollen, um die Interessen der eigenen Nation zu sichern!
Rechte Parteien gehen in der Betonung nationaler Interessen manchmal so weit, dass sie sich fremdenfeindlich äußern: Ein erstes Beispiel: Auf einem Plakat der AfD waren Frauen in farbig-bunten, deutschen Trachtenkleidern zu erkennen. Das Plakat trug die Parolen „Bunt stark Burka“ und „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“.
Die AfD zeigt sich hier ähnlich islamfeindlich wie die 2014 in Dresden gegründete Pegida-Organisation. Statt „Pegida“ („Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“) hieß es dagegen auf Plakaten der Grünen: „Gutmenschen Europas gegen die Idiotisierung des Abendlandes“ und „Integration muss man umsetzen! Die rechts(exteme!) NPD - die Nationaldemokratische Partei Deutschlands – sieht dies ganz anders als die Grünen.
Auf einem NPD-Plakat  im Trier war eine blonde Frau zu sehen, die schützend die Hände hebt, und der die Worte „Finger weg, Nafri, ich bin kein Freiwild!“ in den Mund gelegt wurden.Die umstrittene Abkürzung „Nafri“ stand in den Jahren 2016/17  für „Nordafrikanische Intensivtäter.“ Mit dem Plakat unterstellte die NPD Menschen, die aus Ländern wie Ländern Marokko, Tunesien, Algerien kommen, potentielle Sexualstraftäter zu sein, schreckt also vor rassistischen Aussagen nicht zurück!
Ähnlich geschmacklos hatte eine andere fremdenfeindliche Partei im Jahr 2016 mit einem anderen Plakat für Aufsehen gesorgt: „Wir hängen nicht nur Plakate“, war in Sachsen-Anhalt auf Transparenten der fremdenfeindlichen Partei „Die Rechte“ zu lesen. Darauf antwortete die Spaßpartei „Die Partei“ mit einer satirisch gemeinten Erinnerung: „Hier könnte ein Nazi hängen!“ war auf einigen Trierer Plakaten zu erkennen. Auch „Die Linke“ sprach sich mit einem Wahlplakat „Entschieden gegen rechte Hetze“ aus. Über diesem Slogan war das Wort „Mensch“ zu lesen, wobei die sechs Buchstaben dieses Wortes in unterschiedlichsten, bunten Farben dargestellt waren – ein Bekenntnis der Linken zur multikulturellen Vielfalt.
2.2 Der Gegensatz „egalitär - elitär"
So mag es auf den ersten Blick verwundern, wenn man auf einem Plakat der AfD in der Eifelgemeinde Mettendorf lesen konnte: „Vielfalt satt Gleichmacherei“. Die AfD macht sich hier keineswegs für eine „Multikulti-Gesellschaft“ stark. Ein paar Meter weiter stand nämlich auf einem anderen AfD-Plakat eine genauere Erläuterung: „Mut zur Leistung statt rot grüner Einheitsschule“! forderte hier die AfD. Statt – wie die linke, rot-grüne Landesregierung in Rheinland-Pfalz es jahrelang tat, beim Thema Schule auf Gesamtschulen zu setzen, setzte sich die AfD für ein gegliedertes Bildungssystem mit Gymnasium und Realschule ein, dass in ihren Augen den leistungsstarken Schülern eher gerecht wird.  Dagegen meinte die Partei „Die Linke“ zum Thema Bildungspolitik: „Gerecht (ist) Millionäre (zu) besteuern (und) mehr Geld für Kitas und Schulen!“ auszugeben. „Die Linke“ wünschte sich zudem auch „Sichere Jobs“ und ein „planbares Leben“ – also eine Grundsicherung für alle. In diesen Wahlkampfbotschaften wird eine zweite, wesentliche Differenz zwischen eher linken und eher rechten Positionen deutlich: Linke denken eher „egalitär“: Wir erinnern uns: Der Ruf nach „Égalité“ (also Gleichheit) war eine der Hauptforderungen der Französischen Revolution von 1789. Die Linken der Gegenwart wollen – ähnlich die französischen Revolutionäre damals - die Benachteiligungen bestimmter Bevölkerungsgruppen bekämpfen und setzen sich heute z. B. für „sichere Jobs“ und gegen befristete Beschäftigungsverhältnisse ein. Für sie bedeutet Gerechtigkeit vor allem „Verteilungsgerechtigkeit“ getreu dem Motto: „Nehmt den reichen Millionären und gebt den armen Kindern!“

Rechte Parteien setzen dagegen eher auf Leistungsgerechtigkeit: Der Leistungsstarke - in Schule und Wirtschaft - darf nach ihren Vorstellungen nicht bestraft werden – Rechte denken also eher „elitär“! Die Grünen zeigten sich auch in diesem Punkt als eine Partei, die im politischen Spektrum links anzusiedeln ist: Mit Wahlkampfbotschaften wie „Kinderarmut kann man …bekämpfen“ machen sie sich für die Überwindung bestehender gesellschaftlicher Ungleichheit stark  - dies ist eine typisch egalitäre – also linke - Position.
Wie lässt sich nun die SPD in dieses Links-rechts-Schema einordnen? Im Wahlkampf 2002 zeigte sich der damalige sozialdemokratische Bundeskanzler Gerhardt Schröder auf einem Wahlplakat mit der Aufschrift „Kanzler der Mitte“. Auch seine Nachfolgerin im Kanzleramt, Angela Merkel von der CDU sagte in einem Interview mit dem ZDF im Dezember 2016: „Wir sind die Volkspartei der Mitte!“
In der Tat sehen sich die beiden großen deutschen Parteien SPD und CDU/CSU als Volkspartei. Eine Volkspartei ist eine Partei, die für Wähler und Mitglieder aller gesellschaftlichen Schichten (z. B. Arbeiter, Angestellte oder Selbstständige) und für unterschiedliche Weltanschauungen im Prinzip offen ist. Diese Positionierung beider Parteien (SPD und Union) als Volksparteien der Mitte entspricht nur den jeweiligen Parteiprogrammen, sondern auch wahlstrategischen Überlegungen: Es geht um Wählerstimmen, und da klingt „Partei der Mitte“ ausgewogener kompromissbereiter und damit einfach besser!
Zum anderen bezeichnen die Unionsparteien viele ihre politischen Gegner (z. B. SPD und Grüne) als „Linke“ wehren sich aber vehement dagegen, selbst als „rechts“ bezeichnet zu werden. Und dies wohl mit Recht, da der Begriff „rechts“ in der deutschen Politik aufgrund der nationalsozialistischen Vergangenheit negativ besetzt ist!

Zudem möchte man auf Seiten der Union in heutiger Zeit natürlich nicht in die Nähe rechtspopulistischer Parteien wie der AfD oder gar rechtsextremer Parteien wie der NPD gerückt werden.
Um die Frage „Wer steht eher in der Mitte – die SPD oder die Union? beantworten zu können, betrachten wir noch einmal Plakate des Bundestagswahlkampfs 2017: Hier zeigt  sich die SPD mit dem Slogan „Warum Europa? – weil wir gemeinsam stärker sind als allein!“
Auf einem CDU-Plakat zum Thema Europa klingt der Slogan zunächst ganz ähnlich: „Europa stärken, heißt Deutschland stärken“. SPD und  CDU bekennen also beide zu einem starken Europa – denken also internationalistisch (und das wäre dann – unseren vorherigen Überlegungen folgend: eher links) Der CDU betont aber (stärker als die SPD es tut) nationale Interessen – sie setzt sich für ein starkes Deutschland ein. Und so ist es wohl kein Zufall, dass auf dem CDU-Plakat zweierlei zu sehen ist: Sowohl die Flagge der EU als auch die deutsche Nationalfarben schwarz-rot-gold! Ein solches „Sowohl als auch“ zeigt sich auch in einem anderen Plakat der CDU: „Für eine starke Wirtschaft und sichere Arbeit“ heißt es hier. Die Forderung nach einer leistungsstarken Wirtschaft entspricht – so haben wir es vorab gesagt - einem eher elitären Denken, ist also im Poltischen Spektrum eher rechts anzusiedeln. Die Forderung nach sichererer Arbeit entspricht einer eher egalitären Position und könnte auch auf einem Plakat der Linken stehen – was sie (wir erinnern uns zurück) ja auch tut.
Im Wahlkampf 2017 hat sich also die CDU – wenn es um die beiden Fragen 1. „internationale  oder nationale Interessen“ und 2. „egalitäre Unverteilung oder elitäre Leistungsorientierung“ geht, strategisch eher in der Mitte orientiert. Demgegenüber positionierte sich die SPD eher links, gab sich also eher internationalistisch und egalitär: Die egalitäre – auf Gleichheit setzende - Grundposition der SPD kommt auch in einem anderen SPD-Plakat zum Ausdruck: „Wer als Frau 100% leistet, darf nicht 21% weniger verdienen“ heißt es hier.


2.3 Der Gegensatz „progressiv - konservativ"
Hier kommt aber noch ein anderer Gegensatz zwischen „links“ und „rechts“ zum tragen: Von Seiten der Linken wird die Benachteilung einzelner Bevölkerungsgruppen - hier z. B. der Frauen - als unzeitgemäß und unmodern begriffen; man will einen Fortschritt (in Richtung Gleichheit) erreichen – sieht sich also selbst als fortschrittlich, d. h. progressiv. Auch die CDU äußert sich im Wahlkampf 2017 zum Politikfeld „Familie“: Sie rief zu „Mehr Respekt vor Familien“ auf. - Man muss den aktuellen Hintergrund dieser Wahlkampfbotschaft kennen: Bis zum 1. Oktober 2017 besaßen gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland noch kein Recht auf Eheschließung; erst dann trat ein Gesetz in Kraft, das ihnen die Eheschließung ermöglichte. In der Abstimmung im Deutschen Bundestag am 30.06.2017 zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den links und rechts vom Rednerpult sitzenden Parteien: Dies wird im „Bundestagsradar“ von „SPIEGEL ONLINE“ deutlich – herzlichen Dank an Spiegel-Online! www.spiegel.dehttp://www.spiegel.de/politik/deutschland/ehe-fuer-alle-bundestagsradar-zeigt-die-stimmen-der-abgeordneten-a-1155210.html
Die Ja –Stimmen zur „gleichgeschlechtlichen Ehe“ sind im Schaubild farbig markiert. Die Abgeordneten der links sitzenden Parteien  „Die Linke“, SPD und Grüne befürworteten das Gesetz mehrheitlich, während die Mehrzahl der CDU und CSU-Abgeordneten es ablehnten. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel von der CDU lehnte die „Ehe für alle“ ab „Für mich ist die Ehe im Grundgesetz die Ehe von Mann und Frau“, begründete sie ihre Entscheidung. Und der stellvertretende Vorsitzende der AfD, Alexander Gauland sagte hierzu, die Ehe zwischen Mann und Frau sei ein "kulturelles Kernelement unserer christlich-abendländischen Kultur“.
Und so offenbart sich in dieser Kontroverse ein dritter, wesentlicher Unterschied zwischen „Linken“ und „Rechten“: Links der Mitte wird eher progressiv (also fortschrittlich) gedacht, wobei man bei Fortschritt weniger an technische Innovationen denkt, sondern vielmehr die Veränderung der Gesellschaft in Hinblick auf den Abbau sozialer Ungleichheiten im Auge hat.

Parteien, die im politischen Spektrum eher „rechts“ anzusiedeln sind, denken zumeist konservativ: Für sie geht es darum, traditionelle, bewährte (z. B. christliche) Wertvorstellungen zu bewahren - also zu konservieren. Daneben machen sich konservative Parteien zumeist auch für einen starken Staat, der die innere und äußere Sicherheit seiner Bürger durch Polizei und Armee schützt, stark – wie man in den Wahlkampfbotschaften von AfD und CDU im Bundestagswahlkampf 2017 sehen konnte.
Man sollte sich merken, dass nicht nur der zuletzt besprochene Gegensatz „links = progressiv, rechts = konservativ“ die Einordnung in das politische Spektrum bestimmt: Wir sagten, dass es den Linken eher um Gleichheit, also um eine egalitäre Politik geht. Für sie bedeutet einer gerechte Gesellschaft vor allem eine, in der Einkommen und Vermögen möglichst gleich verteilt sind – sie wollen „Verteilungsgerechtigkeit“. Steht man politisch weiter rechts, so betont man hingegen den Wert der „Leistungsgerechtigkeit“. So werden „Besserverdienende“ als Leistungsträger gesehen, die man nicht mit überzogenen Steuern und Sozialabgaben belasten sollte. Eine „Mindestsicherung für alle“ im Wert von 1.050 Euro im Monat, wie es die Partei „Die Linke“ im Wahlkampf 2017 forderte, wird von den Gegnern der Linken abgelehnt: Zum einen stellt sich nämlich aus ihrer Sicht die Frage: „Wer soll das bezahlen?“, zum anderen befürchtet man vor allem, dass eine solch hohe „Grundsicherung für alle“ viele Menschen dazu bringt, nicht mehr arbeiten zu wollen.
Erinnert sei schließlich auch daran, dass wir gesagt haben, dass Linke in der Regel eher internationalistisch denken und sich z. B. für die Integration von Fremden stark machen, während Parteien, die im politischen Spektrum weiter rechts stehen, stärker nationalistische  Positionen beziehen. Weiter rechts außen stehende Parteien  wie die AfD und NPD setzen dabei sogar fremdenfeindliche Wahlkampfbotschaften ein.
In Hinblick auf die Frage „Welche Partei steht links, und welche Partei steht rechts?“ zeichnet (nach unserer Analyse der Wahlplakate des Bundestagswahlkampfs 2017) folgendes Bild ab: Hier ist die „Die Linke“ – wie Parteiname und Wahlkampfbotschaften wie „Millionäre besteuern“ es sagen - ziemlich weit links anzuordnen. Mehr zu Mitte hin – aber noch immer noch links - positionierten sich Grüne und SPD.

Die CDU versuchte im Wahlkampf 2017, die (!) politische Mitte zu besetzen, positionierte sich aber stärker rechts als SPD und Grüne. Die AfD gab sich im Wahlkampf betont konservativ und leistungsorientiert zeigte sich zudem nationalistisch, europa- und fremdenfeindlich und stellte sich damit rechts der Union auf. Über die weit rechts außen stehende NPD möchten wir an dieser Stelle lieber schweigen!